„Team Wallraff“: Klinik erwirkt Einstweilige Verfügung

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Eine Folge des „Team Wallraff“ aus dem Dezember beschäftigt die Gerichte. Die erneut betroffenen Marseille-Kliniken erwirkten eine Einstweilige Verfügung.Bei RTL zeigt man sich kämpferisch.

Kontroversen und Diskussionen anzuregen, gehörte schon immer zu den Zielen des „Team Wallraff“. Dass die Sendung des bekannten Undercover-Journalisten Günter Wallraff vor allem bei den betroffenen Unternehmen nicht auf Gegenliebe stößt, ist dabei verständlich. Die Marseille-Kliniken, die bereits in einer Folge vom 8. Juni 2015 im Blickpunkt standen, setzen sich mit allen Mitteln zur Wehr. Bereits im August hatte das Unternehmen per Einstweiliger Verfügung die Verbannung eines Beitrags aus dem Internet erwirkt. Nun legten die Kliniken juristisch nach.

Mit einer vom Landgericht Hamburg verhängten Einstweiligen Verfügung darf RTL nicht mehr behaupten, dass in einem Pflegeheim der Marseille-Kliniken die Bewohner unterernährt gewesen seien, da zu wenig Essen ausgegeben wurde. Diese Behauptung wurde in der RTL-Sendung „Extra“ am 14. Dezember aufgestellt.
 
Dieter Wopen, Vorstandsvorsitzender der Marseille-Kliniken, nutzte die Verkündung der Verfügung zu einem verbalen Rundumschlag gegen RTL und die Sendung: „Dies zeigt ganz klar, wie die manipulative und falsche Berichterstattung sowie die mangelhafte Recherche von Team Wallraff von Fachrichtern bewertet wird. Der Sender und seine Team-Wallraff-Reporter haben damit erneut Recht gebrochen.“
 
Auch zweifelt Wopen an der Kompetenz der Reporter und auch des Teamleiters Günter Wallraff. Dieser sei eine Ikone des Journalismus gewesen, seine Professionalität unterliege jedoch scheinbar einem Verfallsdatum. „Dieser Niedergang scheint sich mit dem Tag beschleunigt zu haben, an dem Herr Wallraff sich mit dem Privatsender RTL ins Bett gelegt hat und nun zwischen ‚Bauer sucht Frau‘ und ‚Dschungelcamp‘ nach Quoten giert.“
 
Die Verfügung wurde jedoch ohne mündliche Verhandlung und ohne Angabe von Gründen verhängt. So wurde RTL nicht angehört. Da die Verfügung noch nicht beim Sender eingegangen ist, „wollen und können wir uns noch nicht dazu äußern“, erklärte Sendersprecher Matthias Bolhöfer auf Nachfrage von DIGITAL FERNSEHEN. Die Art und Weise, in der die Marseille-Kliniken an die Öffentlichkeit gegangen sind, wird von RTL offensichtlich kritisch beurteilt. „Stil und Niveau der Kommunikation lassen wir für sich stehen. Beides spricht für sich und fällt am Ende auf den Absender zurück“, so Bolhöfer. [buhl]

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3 Kommentare im Forum

  1. Man hängt den Boten der Information und ändert nichts an den Ursachen. Unterernährung kann nicht nur durch zu wenig Essen, sondern auch durch unattraktive Darreichung (Massenfütterung) anstelle sich zeitintensiv einer Einzelperson zu widmen und Ihr das Essen anzureichen. Bei der Notwendigkeit von pürrierter Nahrung kann man dies auch optisch ansprechend und geschmackvoll machen und muss nicht eine undefinierbare Pampe vorsetzen. Bei Pflegeeinrichtungen KRANKENhäuser und NOTFALLkliniken muss endlich die Gewinnorientierung wieder abgeschafft werden. Es kann nicht sein, das KRANKE, Behinderte, Pflegebedürftige und NOTFÄLLE nur unter dem Aspekt Gewinn/Verlust/Kosteneffiziens behandelt werden. So etwas kann man bei Modebehandlungen, Schönheits-OPs oder ähnlichen Luxusproblemen machen, nicht jedoch bei jemandem der Krank, Gebrechlich oder in einer Notsituation ist! Belegzeiten müssen sich auch wieder nach dem Zustand des Behandelten richten und nicht nach Fall[durchschnitts)zeiten, bei denen der Frischoperierte wenige Tage nach der OP sich zuhause und vom Hausarzt behandeln soll. Komplikationen dann nicht mehr der Urbehandlung zugeirdbet, sondern als neuer Fall registriert werden. Und nein, meine Kritik geht ausdrücklich nicht an die Kräfte welche das Dilemma in den Kliniken an erster Front auszubaden haben. Wer unter dem ständigen Personal, Zeit und Spardruck Behandeln, Pflegen und Reinigen muss, der kann keine gute Leistung mehr bringen. Was ist das für ein Schäublesches Ruhmesblatt, wenn die positive Bundesbilanz nur auf Kosten der Kranken, Behinderten und Alten sowie mit einem totalen Zerfall der übrigen Infrastruktur (Bahn, Strassen, Energie, Telekommunikation) einhergeht. Aber nein, lieber geht man mit Verfügungen gegen die vor, die Missstände öffentlich machen. Den dann ist es ganz einfach: die Betroffenen schweigen bzw. haben keine Möglichkeit mehr an die Öffentlichkeit zu gehen oder befürchten sogar Sanktionen. Die Angehörigen sind froh, ihren Betreuunsintensiven Verwandten "gut" untergebracht und versorgt zu wissen. Beim Sommerfester oder der Weihnachtsfeier kann man sich dann vom speziell herausgeputzen Anschein das Gewissen beruhigen und wenn die Person ablebte, dann war es das Alter, der erloschene Lebenswillen oder die Krankheit. Für diejenigen, welche sich mit teuren Einrichtungen aufgrund unterbezahltem und überfordertem Personal und mangelnder Betreuung eine goldene Nase verdienen wollen, ist dies ein hervorragendes Geschäftsmodell.
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