Vernetztes Heim

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Hybride Geräte gemeinsam nutzen

Kaum ein aktuelles Gerät der Unterhaltungselektronik kommt heutzutage noch ohne Netzwerkanschluss zu den Nutzern. Doch nicht selten wird das eigentlich nützliche Feature vom Käufer links liegen gelassen. Oftmals nur aus Unkenntnis der Möglichkeiten.

Der neue Flachbildfernseher hat einen, der Receiver sowieso und selbst der AV-Receiver glänzt häufig mit einem Netzwerkanschluss. Trotz der unterschiedlichen Einsatzgebiete dieser Geräte lassen sich diese untereinander vernetzen und je nach Ausstattung ist dann der Zugriff auf andere Netzwerkgeräte möglich. So kann die private Musiksammlung vom PC mit der Heimkinoanlage abgespielt werden, der Zugriff auf tausende Internetradios wird möglich und am TV-Gerät stehen über HbbTV zahlreiche nützliche Zusatzdienste zur Verfügung. Doch vor dem multimedialen Hybridvergnügen in den eigenen vier Wänden steht zuerst einmal die richtige Einrichtung und Verkabelung der Geräte. Und manchmal macht auch die Investition in eine zusätzliche netzwerkfähige Festplatte Sinn.

Alle Geräte ans Netz

Prinzipiell macht es Sinn, alle netzwerktauglichen Geräte auch mit dem heimischen Netzwerk und damit auch dem Internet zu verbinden. Im einfachsten Fall bleibt dadurch das Gerät zumindest auf dem aktuellen Firmwarestand, oft stehen aber auch weitere Funktionen zur Verfügung. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass am Gerät auch ein Netzwerkanschluss zur Verfügung steht. Alternativ ist natürlich auch eine Vernetzung über eine drahtlose Netzwerkverbindung möglich. Allerdings birgt diese Methode auch Gefahren: Leben Sie in einem dicht besiedelten Gebiet, werden die Frequenzen schnell knapp, weil auch die Nachbarn auf den drahtlosen Netzwerkanschluss setzen. Im schlimmsten Fall wird der Anschluss dann so langsam, dass ein vernünftiges Arbeiten nicht mehr möglich ist.
 
Etwas besser haben es Nutzer, die einen Kombirouter für beide möglichen WLAN-Frequenzbereiche nutzen. Diese funken nicht nur im gebräuchlichen 2,4-GHz-Bereich, sondern stellen die Verbindung wahlweise auch im deutlich geringer frequentierten und breiteren 5-GHz-Band her. Voraussetzung ist allerdings, dass auch das anzuschließende Gerät wie der Digitalreceiver oder das TV-Gerät diese Frequenz unterstützen. Besteht die Möglichkeit der Kabelverbindung, so ist diese stets der WLAN-Variante vorzuziehen.

Router als Zentrale

Dreh- und Angelpunkt für die Heimvernetzung ist ein Netzwerkrouter wie beispielsweise die FRITZ!Box 7490. Diese stellt sozusagen das Bindeglied zwischen dem Internet und dem heimischen Netzwerk her. Zudem fungiert das Gerät als Zugangspunkt für WLAN-Verbindungen im Haus. Selbstverständlich verrichten auch viele andere Router diesen Dienst. Oftmals sind sie als kostenlose Beigabe im DSL- oder Kabelinternetvertrag bereits enthalten. Doch nicht selten sind solche Providermodelle in der Funktion eingeschränkt oder lassen sich im schlimmsten Fall vom Nutzer überhaupt nicht sinnvoll für andere Aufgaben einrichten. Im Idealfall laufen beim Router alle Kabelverbindungen der einzelnen Geräte zusammen. Häufig aber sind die Netzwerkanschlüsse am Router nicht ausreichend oder die örtlichen Gegebenheiten eignen sich nicht für eine reine Verkabelung am Router.
 
Beispielsweise, wenn im Wohnzimmer drei Geräte vernetzt werden sollen, der Router aber eine Etage höher im Arbeitszimmer steht. Statt drei lange Netzwerkkabel in das Büro zu verlegen reicht auch ein einziges Kabel aus. Verteilt wird das Netzwerk dann mit einem Netzwerkswitch direkt im Wohnzimmer. Solche Verteiler sind relativ preiswert zu bekommen und bieten je nach Bauart zwischen 5 und 16 Anschlüsse. Übrigens: auch Router erfüllen auf Wunsch diese Aufgabe. Je nach Gerät ist hier nämlich bereits ein Switch eingebaut. Im Vergleich zu einem reinen Switch ist hier allerdings ein größerer Installationsaufwand erforderlich, da der Router in den Switch-Mode versetzt werden muss. Auch der höhere Stromverbrauch spricht eigentlich eher für einen Netzwerkswitch. In aller Regel reicht als Switch ein Modell mit bis zu 100 Mbit/s aus. Sollen jedoch häufig größere Datenmenge über das Netzwerk transportiert werden – also eine Netzwerkfestplatte eingebunden sein, bietet sich ein Gigit-Netzwerk ein. Dann sind aber spezielle Router für dieses Einsatzgebiet und hochwertige Netzwerkkabel erforderlich.

Alle im Netz?

Haben Sie nun ihre Geräte alle im Netzwerk, sollten Sie als erstes die Funktion des Netzwerkes testen. Hierzu steht in aller Regel eine Testfunktion zur Verfügung, welche verschiedene Netzwerkfunktionen prüft und entsprechende Rückmeldung gibt. Steht die Verbindung sowohl im heimischen Netz als auch zum Internet, können die Netzwerkfunktionen genutzt werden. Manchmal sind allerdings noch weitere Einstellungen nötig. Beispiel TV-Gerät: Gerade bei etwas älteren Modellen (1-2 Jahre) kann es passieren, dass der an sich sehr nützliche HbbTV-Betrieb in den Einstellungen noch deaktiviert ist. Sollte dies der Fall sein, muss natürlich dieser hybride Dienst zuerst in Betrieb genommen werden.
 
Anschließend können Sie einmal probeweise auf einen Sender mit dieser Funktion schalten (ARD, ZDF, RTL u.v.m.). Kurz nach dem Umschalten erscheint eine Meldung über die Verfügbarkeit von HbbTV. Wenn Sie nun die rote Taste am Gerät drücken (oft als „Red Button“) bezeichnet, startet HbbTV auf ihrem TV-Gerät. Haben Sie auch einen Digitalreceiver mit Festplatte vernetzt, lohnt sich durchaus ein Blick in die Bedienungsanleitung, ob dieser seine Inhalte auch im Netz zur Verfügung stellt.
 
Hierfür gibt es im übrigen verschiedene Standards. Einer davon ist insbesondere bei den großen Herstellern sehr häufig anzutreffen: DLNA. Man unterscheidet hierbei zwischen einem DLNA-Server und einem DLNA-Client. Ersterer ist sozusagen der Anbieter des digitalen Inhaltes, also beispielsweise der PVR. Der Client hingegen kommt auch ohne eigene Festplatte aus und spielt den Inhalt vom Server auf Knopfdruck ab. Dabei kann es sich um ganz unterschiedliche Medien handeln. So können Filme, aber auch Bilder oder Musikstücke auf diese Weise wiedergegeben werden. Eine schon sehr überzeugende Möglichkeit, Inhalte im eigenen Netzwerk zu streamen – auf Wunsch sogar über WLAN bis in den Garten auf das Tablet.

VoD-Dienste

Mittlerweile bieten zahlreiche Anbieter auch Video On Demand (VoD) in Deutschland an. Bekannteste Vertreter sind Amazon Instant Video, Netflix, Maxdome und Watchever. Alle diese Dienste sind auch auf diversen Fernsehgeräten oder speziellen Mediaplayern (Amazon Fire TV, Apple TV) verfügbar. Auch diese Geräte müssen selbstverständlich mit dem Heimnetz verbunden werden, damit der Zugriff auf das Internet möglich wird. Nur dann ist die Nutzung möglich. Zwar erlauben auch hier viele Geräte den Anschluss über WLAN, aber gerade bei solch datenintensiven Diensten wie der Wiedergabe von HD-Filmen empfehlen wir nach Möglichkeit, auf einen Netzwerkanschluss über Kabel zurückzugreifen. Nur dann ist die maximale Betriebssicherheit und damit der ungestörte Genuss der Inhalte möglich.

Aufnahme auf NAS

Eine noch interessante Möglichkeit ist die Integration eines NAS. Das steht für „Network Attached Storage“ oder auf Deutsch „Netzwerkfestplatte“. Solche Systeme gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen von der einfachen Einzelfestplatte mit Netzwerkanschluss bis hin zum Komfortgerät mit mehreren Festplatteneinschüben.
 
Allen gemein ist die Flexibilität: Die Festplatte kann an einem beliebigen Ort im Haus angeschlossen werden, sofern dort ein Netzwerkanschluss zur Verfügung steht. Sie steht dann allen Netzwerkgeräten im Haus zur Verfügung und kann je nach Receiver sogar als Ersatz für eine interne Festplatte genutzt werden. Bei Linux-Geräten mit Enigma2-Betriebssystem ist das Einbinden sogar denkbar einfach. Nach nur wenigen Einstellungen steht das NAS wie eine interne Festplatte zur Verfügung und wird automatisch für Timeshift und Aufnahme genutzt. Der Vorteil: Sie sparen sich den Einbau einer internen oder externen Festplatte. Zudem stehen die Aufnahmen umgehend im Netzwerk zur Verfügung und können von anderen Geräten genutzt werden. Selbst laufende Mitschnitte sind auf diese Weise abspielbar. Den im Wohnzimmer begonnenen Film können Sie also problemlos im Schlafzimmer weiterschauen, auch wenn die Aufnahme noch läuft. Voraussetzung ist nur, dass sich der Receiver oder Fernseher im Netzwerk befindet.
 
Moderne NAS stellen übrigens ebenfalls einen DLNA-Server zur Verfügung. Somit wird der Zugriff auf den Inhalt auch über DLNA möglich. Das gilt natürlich nicht nur für Filme, sondern auch Musik und Fotos. Übrigens bietet die bereits erwähnte FRITZ!Box auch die Möglichkeit, eine normale externe Festplatte anzuschließen und dann über die komfortable Weboberfläche als vollwertiges NAS zu konfigurieren. Je nach geplanten Aufgaben für die Netzwerkfestplatte sparen Sie sich damit sogar die Investition in eine zusätzliche Netzwerkfestplatte.

Tuner teilen

Eine weitere Vernetzungsmöglichkeit ist das so genannte Tuner-Sharing. Nehmen wir einmal an, im Wohnzimmer steht ein Twin-Tuner-Receiver mit Enigma2 und im Schlafzimmer ein kleineres Gerät mit nur einem Tuner, aber ebenfalls Enigma2. Dann brauchen Sie im Schlafzimmer nicht einmal mehr einen Satellitenanschluss. Auf Knopfdruck holt sich das Gerät nämlich den Sender einfach über das Netzwerk vom Hauptreceiver. Bei Enigma2 erledigt das schnell installierte Plugin „Partnerbox“ diese Aufgabe, aber auch andere Receiverhersteller können mit ähnlichen Funktionen punkten. So verfügen aktuelle Geräte von Kathrein über „UFSconnect“. Auch dieses System ist in der Lage, auf Inhalte und Tuner anderer UFSconnect-Receiver über das Netzwerk zuzugreifen.

SAT-IP

Schließlich wollen wir noch auf das überzeugende Vernetzungskonzept für Sat-Signale von Astra hinweisen. Mittlerweile haben zahlreiche Hersteller SAT-IP-Server im Angebot. Diese setzen bis zu vier Tuner in IP-Datenströme um. Taugliche Receiver, aber auch Tablets oder TV-Geräte von Panasonic greifen dann über das Netzwerk auf diese Tuner zu und nutzen diese zum Empfang. Dabei ist die Nutzung von SAT-IP mittlerweile so komfortabel geworden, dass der Zuschauer nicht mehr unterscheiden kann, ob das Signal über eine Antennenleitung oder das Netzwerk zugespielt wird. In den nächsten Monaten sollen übrigens auch die ersten LNBs in den Handel kommen, die das Satellitensignal direkt an der Schüssel und ohne zusätzliche Hardware in IP-Signale umsetzen können. Der Vorteil liegt auf der Hand: Das aufwendige Verlegen von Koaxialkabeln im ganzen Haus gehört damit der Vergangenheit an.
 
Sie sehen also, das konsequente Vernetzen ihrer Unterhaltungselektronik macht durchaus Sinn und ist zudem eine Investition in die Zukunft. Denn dank fortschreitender Vernetzung und immer mehr VoD-Anbietern, wird eine Vernetzung der Geräte immer wichtiger. Das beweist nicht zuletzt auch der Münchner Pay-TV-Anbieter Sky, der erst vor einigen Wochen den Start von Sky Go und Snap by Sky auf den eigenen Hybridreceivern angekündigt hat. Voraussetzung: Natürlich der Anschluss des Sky-Plus-Receivers an das Internet.

Aussichten: Smart Home

Natürlich kann man mit einer perfekten Heimvernetzung noch einiges mehr anfangen, als multimediale Inhalte genießen. Das Zauberwort heißt „Smart Home“ und steht für die Verknüpfung von Heizung, Energie und anderem mit dem Netzwerk. Damit können dann Einstellungen aus der Ferne vorgenommen werden, genauso wie es jetzt schon mit Digitalreceivern möglich ist.
 
Ein mögliches Anwendungsgebiet ist die klassische Fernsteuerung der Heizung. Stellen Sie sich vor, die Heizung ist so programmiert, dass tagsüber die Temperatur abgesenkt wird, weil niemand zu Hause ist und um 17 Uhr die Räume wieder mehr beheizt werden. Verzögert sich nun ihre Ankunft zu Hause, können Sie problemlos die Heizung mit dem Smartphone oder Tablet unterwegs umstellen.
 
Genauso einfach lässt sich im vernetzten Heim das Licht aus der Ferne ein- und ausschalten oder per App in Verbindung mit einer Netzwerkkamera ein Blick in die eigenen vier Wände angestoßen werden. Und in Zukunft wird es noch viele weitere Steuerungsmöglichkeiten geben, an die heute vielleicht noch niemand denkt. Das klingt zwar alles wie Utopie – aber weit gefehlt: Schon heute bieten Elektronikhersteller wie Devolo oder Elgato die passenden Bausteine für das smarte Heim an.

(Mike Bauerfeind)

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