Bundeswehr TV sendet an Zielgruppe vorbei

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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St. Augustin – Eigentlich möchte die Bundeswehr mit ihrem eigenen Sender Bundeswehr TV (BWTV) vor allem ihre Truppen im Auslandseinsatz bei Laune halten – allerdings mit Programminhalten, die keiner so recht sehen möchte.

Bereits seit 2002 läuft das kostenspielige Projekt, das jedes Jahr mit etwa neun Millionen Euro vom Verteidigungsministerium finanziert wird. Wie die „Welt“ berichtet, sei das Programm ziemlich langweilig und daher schauten die Soldaten eher selten zu. Ideen zur Verbesserung gebe es derzeit nicht.

BWTV läuft seit sechs Jahren als „Pilotversuch“ für Soldaten im Auslandseinsatz und stößt bisher kaum auf breitere Resonanz. So verwundert es auch nicht, dass vor kurzem ein Mitarbeiter des Pressestabs aus Prizren im Kosovo vermeldete, dass im dortigen Lager BWTV seit längerem schon nicht empfangen werden könne, da Decoder entweder beschädigt oder gar nicht erst „auffindbar“ seien. Dies sei laut „Welt“ jedoch niemandem weiter aufgefallen. Auch im KFOR-Hauptquartier in Pristina sollen Decoder fehlen.
 
Nach Erkenntnissen des Ministeriums hätten die Soldaten in Afghanistan zwar Interesse am Sport- und Spielfilmangebot auf BWTV, dafür aber kaum an Dokumentationen und Lehrfilmen, die als „BWTV-Classics“ zum Teil ein halbes Jahrhundert alt sind. Auch die eigens produzierten Nachrichtensendungen würden „eher nebenbei“ und allenfalls von einigen Stabsoffizieren gesehen werden.
 
Noch prekärer sei die Situation auf den Marineschiffen, die für die Operation „Enduring Freedom“ (OEF) am Horn von Afrika stationiert sind. Hier komme das digitale Signal vom Eutelsat-Satelliten nämlich gar nicht erst an.
 
Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan schwebte beim Start von BWTV ein Medium vor, mit dem er seine Soldaten direkt erreichen kann. Dabei sollte vor allem über aktuelle Entwicklungen, Kasernenschließungen oder neue Lagen berichtet werden. Gegenüber „Welt Online“ bezeichnete Schneiderhan den Sender als „wichtiges Medium, um die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz bedarfs- und situationsgerecht zu informieren und zu unterhalten“. Zudem transportiere es auch „ein Stück Heimat in den Einsatz“.
 
Generalinspekteur Schneiderhan hält weiter an einer Fortentwicklung des Senders fest und überlege zusätzlich, die Übertragung im Inland auszubauen. Bisher ist BWTV – aus Rechtegründen ohne Sport und Spielfilme – in Deutschland nur im Wehrbereich I (Küste) und 63 Dienststellen zu sehen.
 
Doch langsam äußern sich auch kritische Stimmen über den Sender. Der Leiter des Pressestabes, Thomas Raabe, moniert, dass nach spätestens drei Jahren über die Aufnahme des Regelbetriebs oder die Einstellung des Programms hätte entschieden werden müssen. Für ihn sei Fernsehen ein anspruchsvolles Medium, dass gut gemacht werden müsse, um Zuschauer zu erreichen.
 
Bislang verschlang BWTV, ein Programm, das nie über das Versuchsstadium hinauskam, über 50 Millionen Euro. Diese Tatsache rief nun auch den Bundesrechnungshof auf den Plan, der den Sender auf seine Wirtschaftlichkeit hin untersuchen lässt.
 
Einziger Ausweg aus der Misere wäre eine massive Qualitätsoffensive mit neuen Ideen zur Steigerung der Akzeptanz des Kanals. Bisher blieben derartige Bestrebungen allerdings außen vor.
 
BWTV ist ein Medium der Truppeninformation der deutschen Bundeswehr und richtet sich ausschließlich an Soldaten und zivile Beschäftigte der Bundeswehr. Die Produktion findet in der Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr (IMZBw) in St. Augustin statt. Das Programm umfasst Nachrichten, Magazine, Dokumentationen, Spielfilme und Sport. Die Spielfilme sind allerdings nur an Bundeswehrstandorten im Ausland zu empfangen.
 
Ebenfalls ausschließlich für Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz, werden seit April 2007 alle Spiele der Fußball-Bundesliga live in der Konferenzschaltung übertragen. Der Fernsehsender wird in Power VU verschlüsselt über die Satelliten Hot Bird 6 und Eurobird 9 verbreitet. [cg]

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3 Kommentare im Forum

  1. AW: Bundeswehr TV sendet an Zielgruppe vorbei Sie könnten ja von Power VU zu Nagravision wechslen. Decoder wären dann nicht mehr das Problem. Vielleicht könnte man auch über eine CI Schnittstelle sprechen. Eine Frage nebenbei: Wenn man verschlüsselt und nur die BW entschlüsseln kann, wie kann man da an die Zielgruppe vorbei senden?
  2. AW: Bundeswehr TV sendet an Zielgruppe vorbei Tja... hättest du jetzt den Artikel gelesen, dann wüsstest du auch, wie das gemeint ist. Den Damen und Herren Landesverteidigern geht es wie dem richtigen Volk: Sport und Filme ist gut, Nachrichten und Dokus schlecht.
  3. AW: Bundeswehr TV sendet an Zielgruppe vorbei Ist sicherlich interessant der Sender, woher bekomm ich Freischaltung, bekommt das wieder nur pro Haushalt einer???
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