Aufbruch in die 3-D-Ära

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Aufbruch in die 3-D-Ära, Teil 5

Gespräch mit Konrad L. Maul (TV Entwickler)

Die Bildgröße aktueller Fernseher hat einen großen Einfluss auf die 3-D-Darstellung

In den Kinos ist das Polifilterverfahren im Einsatz. Wie funktioniert es?
„Im Gegensatz zur aktiven Shutter-Brille, bei der zwischen zwei Elektroden eine Flüssigkristallschicht liegt, die komplett und nicht pixelweise angesprochen wird, handelt es sich bei der Polifiltervariante um ein passives Verfahren. Dies geht zurück auf den Gründer von Polaroid, Mr Land, der es in den 1930er Jahren geschafft hat, aus Kunststoffen Polifilter herzustellen. Durch die Doppelprojektion mit zwei Projektoren und den horizontalen sowie vertikalen Polarisationsifiltern wurden zwei Bilder zum Betrachter geworfen, der mittels Polifilterbrille nur die jeweils passenden auf dem linken und rechten Auge wahrnahm. Das Problem war: Sobald man den Kopf neigte, veränderte sich der Winkel und es fand ein Übersprechen statt.
Die heutigen Kinos setzen deshalb auf eine zirkulare Polarisation, um den 3-D-Eindruck auf allen Sitzplätzen zu gewährleisten. Für das Kino sind batteriebetriebene Shutter-Brillen viel zu teuer und umständlich, sodass man, wie bereits vor rund 80 Jahren, auf das Polifilterverfahren setzt. Ich habe in unserer Tageszeitung gelesen, dass die Kinobetreiber die Polifilterbrillen sogar in einer Spülmaschine vorschriftsmäßig reinigen können, was die laufenden Kosten immens senkt.“

Weshalb setzen so viele Hersteller auf die Shutter-Technologie?
„Die Polarisationstechnik auf den Fernseher anzuwenden, hätte gravierende Nachteile, zudem ist die Shutter-Technik im Display-Bereich am günstigsten. Wollen Sie Polifilterbrillen statt Shutter-Brillen nutzen, benötigen Sie einen passiven oder aktiven Polifilter direkt auf dem Display, was keinesfalls billig ist. Beim aktiven Filter werden die Bilder abwechselnd für das linke und rechte Auge, ähnlich wie im Kino, polarisiert. Zieht man die beträchtlichen Maße der Bildfläche in Betracht, ist es mit hohem Aufwand verbunden, einen homogenen aktiven Filter herzustellen. Alternativ kann man passive Filter einsetzen, die aber die örtliche Auflösung reduzieren, was zur Folge hat, dass nicht mehr die volle HDTV-Auflösung von zwei Millionen Bildpunkten zur Verfügung steht. Dies ist, neben der Kostenfrage, auch einer der Gründe, weshalb sich die Einführung der brillenlosen Verfahren weiter verzögert.“

Ist das jetzige Verfahren nur eine weitere Übergangslösung?
„Die Darstellung über eine Brille bedeutet ja nicht, dass beim Einsatz eines autostereoskopischen Displays das gesamte jetzige System infrage gestellt wird, im Gegenteil. Der heutige Standard MPEG-4 MVC (Multiview- Video-Coding-Format), bei dem unterschiedliche Bilder für das linke und rechte Auge aufgezeichnet, auf der Blu-ray gespeichert und über den Player ausgegeben werden, wird auch in der Zukunft Bestand haben – allein die Darstellung des Bildes wird sich wandeln und die Brillen werden nach und nach verschwinden, vorausgesetzt, die Kosten für superhochauflösende Displays fallen in den nächsten Jahren.“

Wäre es technisch möglich, einen normalen Flachbildfernseher 3-D-fähig zu machen?
„Ich möchte es Ihnen so beantworten: Bereits zur Röhren-TV-Ära gab es Modelle, die im Software-Menü die Aktivierung der 3-D-Darstellung erlaubten. Der 100-Hertz-Fernseher führte in diesem Modus keine Zwischenbildberechnung durch, sondern stellte abwechselnd linke und rechte Halbbilder dar. Über ein externes Kästchen mit einem integrierten Infrarotsender wurde die Brille angesteuert, wobei es damals noch möglich war, die analogen Bildinformationen über den Scartanschluss auszulesen und die extern angeschlossene Elektronik für die Brillenansteuerung entsprechend zu synchronisieren.
Bei den neuen digitalen Displays, die HD-Bilder mit bis zu zwei Millionen Bildpunkten darstellen, ist der Sachverhalt wesentlich komplexer. Die eingesetzten Konzepte (Chips) sind nicht flexibel genug, um die Anforderungen bezüglich 3-D-TV z. B. durch ein Software-Update zu ermöglichen. Eins der Probleme betrifft das Synchronsignal für die Brille: Nachträglich kann man nicht auf simple Weise einen Transmitter ins System einbinden, da die digitalen Bildinformationen nicht über einen Geräteanschluss entnommen werden können.“

Darf man die aktuelle 3-D-Entwicklung als Durchbruch betrachten?
„Die wesentlichen Grundlagen sind heute, anders als in der Vergangenheit, durch die Industrie geschaffen. Die Bildgröße aktueller Fernseher hat einen großen Einfluss auf die realistische Darstellung von 3-D-Bildinhalten. Nachdem die Blu-ray maßgeblich den HD-Trend eingeläutet hat, ebnet der Blu-ray-3-D-Standard erneut den Weg, sodass später die Broadcaster nachziehen werden. Grundsätzlich bin ich deshalb positiv gestimmt, es ist aber noch ein langer Weg und vielleicht kommt in absehbarer Zeit ein brillenloses System, das noch mehr Interessenten anspricht als die jetzigen Verfahren. Und den Inhalt darf man an dieser Stelle auch nicht unerwähnt lassen: Mir ist kein inhaltlich wertvoller 3-D-Film bekannt. Die Kunst wird für die Filmschaffenden sein, vom derzeitigen Volksfestcharakter wegzukommen.“

Vielen Dank für das Gespräch.
(Florian Kriegel)

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