Loewes Chefdesigner Edmund Englich

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Loewes Chefdesigner Edmund Englich, Seite 2

Harter Wettbewerb

Steckt in einem Luxusfernseher wie dem Reference ID mehr von Ihren Ideen als im erschwinglicheren Connect?
 
Nein, beide Produkte sind echte Englichs, sowohl was die Idee, als auch was die Umsetzung anbelangt. Bei Loewe analysieren wir die Bedürfnisse von verschiedenen Zielgruppen, um diesen durch unsere Produkte Rechnung zu tragen. Wenn Sie mich nach meinem persönlichen Favoriten fragen: Ich bin nicht der Reference-ID-Typ, der Fernseher wäre mir zu skulptural und zu dominant. Ich bin mehr der Individual- und Connect-Typus. Vom Grundsatz entspricht aber auch der Reference ID durch seine extrem rechtwinklige und puristische Form einem architektonischen Ansatz und damit auch meiner Philosophie. Ein Reference-ID-Modell als reiner Monitor würde meiner Idealvorstellung von Innenarchitektur schon sehr nahe kommen.
 
 
Was ist denn Ihre Idealvorstellung?
 
Ich interpretiere einen Fernseher immer aus Sicht der gesamten Inneneinrichtung, und wenn ich das Design der Wohnung und das Design des Fernsehers in Kombination bestimmen dürfte, dann würden die Komponenten sehr verzahnt ineinandergreifen. Ich würde den Fernseher noch viel stärker in die Einrichtung integrieren, als es heute der Fall ist, damit sich der Fernseher noch weiter als körperhaft es Produkt zurücknimmt, aber dennoch als selbstbewusstes Produkt in Erscheinung tritt. Werkstoffe wie Stein und Holz würden unter diesem Aspekt eine größere Rolle spielen. Glas ist bei Loewe ein Werkstoff, der bereits sehr weitreichend eingesetzt wird und immer wenn wir intern darüber diskutieren, ob wir Glas aus Kostengründen einsetzen können, plädiere ich für diesen Werkstoff, da er eine unvergleichbare Wertigkeit ausstrahlt.
 
 
Gibt es eigentlich noch so etwas wie nationales Design, oder nähert sich alles einem gedachten Ideal an?
 
Ich glaube ein geographisch nachvollziehbares Design gibt es immer weniger, was unserer stark vernetzten Welt geschuldet ist. Durch die globalen Märkte nähern sich die Designs in Europa, Amerika und Asien weiter an und alles wächst kulturell und geistig zusammen. Regionale Gewichtungen spielen aber nach wie vor eine Rolle. Unser Design kann man als klassisches deutsches Design verstehen und dieser Stil ist mittlerweile auch international im Kommen. Die klare geometrische Kontrolle und Reduziertheit kann man auf den Bauhausstil und Braun zurückführen, der damals die industrielle Kultur geprägt hat.
 
 
Folgt Design immer einer Funktion?
 
Auf jeden Fall, Design und Bedienung sind nicht mehr voneinander zu trennen. Für uns stellt sich die Frage nach der Anwendung, d. h. wie wird ein Gerät später eingesetzt und wie geht man mit dem Produkt um. Je mehr Funktionen Einzug halten, desto leichter und intuitiver muss die Bedienung ausfallen. Aber auch der emotionale Faktor spielt eine große Rolle, schließlich soll Bedienung auch Spaß machen.
 
 
Design und Klangqualität lassen sich aktuell aber nur sehr schwer miteinander vereinbaren, denn schlanker ist immer besser, oder?
 
Der Designprozess ist immer ein Geben und Nehmen, d. h. wir weisen im Dialog auf bestimmte Designentscheidungen hin, die umgesetzt werden müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Natürlich muss jede Forderung mit Augenmaß vorgenommen werden, häufig machen wir den ersten Aufschlag, wohlwissend, dass unsere Vorgaben die Grenzen leicht überschreiten. Unsere Absicht ist es aber nicht, die Qualität des Produktes in Mitleidenschaft zu ziehen. Unser Audiotechnikleiter ist mein häufigster Sparringspartner, wenn es um die Umsetzung von neuen Designvorgaben geht, aber am Ende haben wir immer den richtigen Kompromiss gefunden, selbst wenn wir zwei bis drei Millimeter von unserer ersten Designvorgabe abrücken mussten.
 
 
Reagiert man angesichts des Internets und kürzerer Produktzyklen vermehrt ferngesteuert?
 
Natürlich war früher vieles langsamer, unser TV-Modell Calida war z. B. 8 Jahre im Markt. Das waren Zeiten, in denen wir alle in der Glückseligkeit unterwegs waren. Heute sind wir getrieben von den Wettbewerbsregeln der asiatischen Märkte und hier gilt die Marketingstrategie: Neu ist immer besser als nicht neu. Ob das im Sinne der Kunde ist, würde ich infrage stellen, aber die technologische Weiterentwicklung ist der aktuelle Motor unserer Branche. Durch die zunehmende Abkehr vom Gehäuse und den Designmöglichkeiten werden wir in Zukunft kaum noch diesen Wow-Effekt erleben, der das Funkeln in den Augen auslöst. Der Begriff neu wird bleiben, aber er wird sich in anderer Form darstellen. Bislang war es die Karosserie, die den Begriff des Neuen prägte, das wird in Zukunft nicht mehr ausreichen.
 
 
Und wie begegnen Sie diesem Wandel?
 
Wir verstehen uns bei Loewe nicht nur als Bildhersteller, sondern wir bieten auch Audiolösungen, unterschiedliche Aufstellungs- und Installationsmöglichkeiten, sind spezialisiert auf Benutzerführung und können ein innenarchitektonisches Grundverständnis vorweisen. Es gibt so viele Möglichkeiten, um Begeisterung für unsere Marke und unsere Produkte zu schaffen und ich habe das Privileg, meinen Beitrag dazu zu leisten.
 
 
Vielen Dank für das Gespräch.
(Christian Trozinski)

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