Nicolas Winding Refn

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Nicolas Winding Refn, Teil 2

Interview mit Nicolas Winding Refn

„Schweigen ist immer interessanter“

 
Dass Nicolas Winding Refn kein Mann vieler Worte ist, bewies der Regisseur im Gespräch mit uns auf dem diesjährigen Münchener Filmfest. Was er auf seine ganz eigene ruhige Art sagte, erscheint jedoch intelligent, durchdacht und vollkommen ehrlich.
 
 
Herr Winding-Refn, warum nennt man Sie in Dänemark „L’Enfant Sauvage“, das wilde Kind?
 
Ich habe keine Ahnung.
 
 
Ist es vielleicht wegen der latenten Gewalt in Ihren Filmen?
 
Ehrlich gesagt achte ich nicht so sehr auf solche Dinge. Ich bin also nicht ständig online und schaue, was über mich geschrieben wird (lacht)
 
 
Während Ihre ganzen anderen Filme explizite Gewalt zeigen, arbeitet „Fear X“ ausschließlich mit Albträumen und abstrakten Bildern. Warum ist das so?
 
Ich dachte wohl, dass dies sehr gut zum Film passen würde. Es ist nicht so, dass ich ständig Gründe für alles habe, was ich mache. Ich mache es einfach. Solange es sich zu dem Zeitpunkt richtig anfühlt (lacht). Manchmal denke ich dann im Nachhinein darüber nach. Aber es gab viele Dinge bei „Fear X“, die mit Schwierigkeiten verbunden waren. Dennoch denke ich, dass es dem Film
sehr gut tut, ganz ohne physische Handlungen auszukommen.
 

Ihre letzten beiden Filme „Walhalla Rising“ und „Drive“ besitzen scheinbar den selben Typ von Anti-Held. Wieso sind beide Protagonisten so schweigsam und sprechen mehr mit ihren Augen als mit ihrem Mund?
 
Weil Schweigen oftmals viel interessanter ist. Die Zuschauer werden auf diese Weise gezwungen, den Charakter wesentlich stärker zu interpretieren.
Dadurch wird er zum Enigma, zum Mysterium. Es gibt viele Parallelen zwischen Einauge und dem Driver, weil sie beide Mysterien desselben Typus von Heldentum darstellen. Sie sind wie ultimative Formen der menschlichen
Existenz.
 

Sind Ihre Filme eine Antwort auf all jene Filme, die Worte und Gewalt inflationär verwenden?
 
Ich bin in keinster Weise ein politischer Filmemacher, daher würde ich das verneinen. Aber ich überlasse diese Entscheidung den Filmexperten.
 
 
„Drive“ ist nicht gerade ein Mainstream-Film. Wie erklären Sie sich seinen Erfolg?
 
Gar nicht (lacht)! Ich versuche zumindest, dies nicht zu tun. Wenn man sich erst auf solche Gedanken einlässt, versucht man vielleicht den Erfolg zu wiederholen. Das ist immer gefährlich.
 
 
Als Sie den Driver-Charakter für den Film formten, was ging Ihnen da durch den Kopf?
 
Hmmm, was dachte ich da? Keine Ahnung. Ich vermute mal ich überlegte, was ich tun würde, um meine Frau zu beschützen. 
 
 
Manchmal benutzen Sie Farben, um die Emotionen der Charaktere darzustellen, wie konnten Sie diese intentional einsetzen. Weil, ich las, dass Sie farbenblind seien. Ist das korrekt?
 
Das ist vollkommen korrekt. Aber wegen meines Farbsinns ist es… Wenn man farbenblind ist kann man nur spezifische Dinge sehen. Daher kann man nur mit einer blassen Farbpalette arbeiten. Und damit komme ich zurecht. 
 

Und welche Bedeutung hat die Farbe Rot in Ihren Filmen?
 
Sie ist eine meiner Lieblingsfarben. Und sie ist sehr cinematisch.
 
 
Ihre Filme sind überhaupt sehr visuell angelegt.
 
Ja, ich versuche eben die Geschichten mehr über die sprechenden Bilder zu erzählen und weniger über die gesprochene Sprache, was manchmal sehr kompliziert sein kann.
 
 
Nach „Drive“ ist „Only God Forgives“ Ihre zweite Zusammenarbeit mit Ryan Gosling. Was ist so speziell an ihm?
 
Er ist ein großartiges Ultra-Ego.
 

Stimmt es, dass Sie in der neuen „Barbarella“-TV-Serie Regie führen werden?
 
Das stimmt!
 
 
Was wird Ihrer Meinung nach der größte Unterschied zwischen der Regie eines Films und der einer TV-Serie sein?
 
Keine Ahnung. Ich hab letzteres noch nie ausprobiert. Sobald ich’s weiß, verrate ich es Ihnen aber.
 

Und was erwarten Sie sich von dem Projekt?
 
Ich habe noch nicht damit angefangen und muss es zuerst noch schreiben.
 
 
Na gut, dann habe ich jetzt keine weiteren Fragen mehr.
 
Cool! Ich bin übrigens ein riesiger Blu-ray-Fan und denke, Blu-ray ist die beste Sache der Welt.
 
 
Und warum? Weil Sie so visuell veranlagt sind?

 
Es ist einfach nur die coolste Sache. Ich habe vor kurzem meine erste Blu-ray veröffentlicht.
 
 
Interessant, welcher Film ist es denn?
 
Ich hatte mir ein altes Filmarchiv auf ebay ersteigert, weil ich so von Andy Milligan besessen war. Und ich fand darin einen Film, der nie von jemand anderem publiziert wurde. Ich ging also zu British Films und veröffentlichte und produzierte meine erste Blu-ray in Zusammenarbeit mit dem BFI (British Film Institute). Jetzt ist es das Projekt in meiner Laufbahn, auf das ich am meisten stolz bin. Und das gibt es nur auf Blu-ray. Es heißt „Nightbirds“ (1970) und wurde im Flipside-Label (Dualformat: Blu-ray/DVD, Anm. d. Red.) veröffentlicht, was richtig cool ist.
 
 
Vielen Dank für das Gespräch!
(Falko Theuner)

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