Schindlers Liste

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Schindlers Liste, Seite 2

Sonderedition zum 20-Jährigen

Der rote Mantel

Dass sich Spielberg bei dieser Thematik für die Schwarz-Weiß-Optik entschieden hat, mag wohl mehr als nur ästhetische Gründe gehabt haben. So wird dadurch an manchen Stellen die stilistische Form deutlich mehr in den Vordergrund gerückt als das inhaltliche filmische Geschehen, was automatisch einen Verfremdungseffekt zu den sich abspielenden, teils verstörenden Ereignissen erzeugt – eine Verfremdung, die eine gewollte Distanz schafft, in der sich der Zuschauer mehr dem Filmmaterial als der Filmhandlung selbst gegenüber gestellt sieht. Das rückt die Brachialität des tatsächlichen Schreckens gerade in jenen Augenblicken, in denen dieser besonders brutal aufzukommen droht, gezielt etwas weiter weg.
 
Diese Präsenz des Formalen wird vor allem in den kurzen Szenen deutlich, in denen man tatsächlich doch ein wenig Farbe zu sehen bekommt. Der rote Mantel des kleinen Mädchens, der als einziges aus einem gänzlich grauen Meer heraussticht, gräbt sich besonders ins Gedächtnis ein. Spielberg ist es dadurch nicht nur gelungen, diesem Mädchen als Mitglied einer ansonsten homogenen und entindividualisierten Masse mit einfachen stilistischen Mitteln ein Gesicht zu verleihen und ihr tragisches Schicksal auf eine persönliche Ebene zu tragen. Ebenso haftet dem roten Mantel eine symbolische Bedeutung an, lenkt er doch Schindlers Blick im Moment von dessen moralisch ethischem Erwachen auf sich und transportiert außerdem jenes Bewusstsein für das grausame Schicksal eines jeden einzelnen Opfers, das Schindler schließlich zum Handeln bewegt.

Das Drama des Lebens

Trotz einiger hollywoodtypischer dramatisierender Spitzen hat Spielberg stets eine lebens- und realitätsnahe Darstellung der Figuren und Ereignisse bis zum Schluss beibehalten. Zu keiner Sekunde kommt das Gefühl auf, dass Oskar Schindler heroisiert oder der sadistische KZ-Kommandant Amon Göth einseitig dämonisiert werden. Die Lebensrealität der Täter, Wohltäter und Opfer steht immer über der Stereotypisierung zum einen oder anderen. Dass allein sorgt für genug Emotionen und Eindringlichkeit.
 
Erfreulicherweise wurde auf eine überbordende Dramatik ebenso verzichtet wie auf ein rein alptraumhaftes Ergehen in Gewalt und Gräueltaten. Diese sind zwar allezeit präsent, aber nicht Mittelpunkt des Films. Stattdessen erleben wir einen Schindler und einen Amon Göth in einem spannenden psychologischen Wechselspiel und dazwischen das Mitfiebern und Mitleiden um jeden einzelnen der im Film erscheinenden Schindler-Juden und ihr Schicksal. Ein filmisches Denkmal, dass selbst denkmalwürdig geworden ist.

Zum Zwanzigjährigen

Circa 20 Jahre nach der Kinopremiere kommt Spielbergs Meisterwerk nun auch in einer Sonderedition auf Blu-ray heraus. Enthalten sind eine Bonus-DVD mit einer 77-minütigen Dokumentation zu den realen Hintergründen der Schindler-Juden und ein hochwertiges Booklet, das interessante Hintergrundinformationen und qualitätsvolle Illustrationen liefert.
 
Insgesamt wurden Bild- und Tonqualität des Films nochmals erkennbar aufgebessert. Das merkt man vor allem an den intensivierten Hell-Dunkel-Kontrasten, dem konzentrierten Schwarzwert, und besonders in den Nahaufnahmen kann man ein sehr detailreiches Bild genießen. Des Weiteren gefallen die durch und durch präzise Soundabmischung und der plastische Klang mit seiner stimmigen Dynamik. Leider schwächelt der Ton dauerhaft in puncto Räumlichkeit ein wenig, ebenso wie das Bild in manchen Szenen eine permanente Grobkörnigkeit aufweist.

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