Sherlock Holmes

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Sherlock Holmes, Teil 3

Viktorianische Wohngemeinschaft

Sein Kompagnon Watson, der als erfahrener Soldat bereits in Afghanistan kämpfte, leistet verstärkt die Exekutive. Dafür steht ihm unter anderem Holmes‘ Revolver zur Verfügung, der meist als letzte Instanz gilt und den der Meisterdetektiv regelmäßig zu Hause vergisst, damit ihn der verantwortungsbewusste Watson hinterhertragen kann. Die freundschaftliche Beziehung des ungleichen Gespanns könnte mit ihrer Auswirkung auf die Literatur und ebenso auf spätere „Kumpel“-Filme ganze literaturwissenschaftliche Bücher füllen (und das tut sie bisweilen auch). So gehören die spitzfindigen Unterhaltungen des Duos heute zu den Gründen, weshalb Sir Arthur Conan Doyles Detektivgeschichten so eine hohe Popularität gewannen.
 
Ihre Freundschaft begann in der ersten Holmes-Geschichte „Eine Studie in Scharlachrot“ von 1887. In dieser gründen die beiden ihre vorübergehende Wohngemeinschaft in der Londoner Baker Street 221b. Watson wird als eine Art Identifikationsfigur für den Leser eingeführt, denn als Chronist ist er es, der die Abenteuer beobachtet, miterlebt und zu Papier bringt. Dass seinem Pfeife rauchenden Mitbewohner dabei die chronologische Reihenfolge der blanken Fakten wichtiger ist als der literarische Schmuck, den der Autor unnötigerweise seinen Werken injiziert, gibt Britanniens erster beratender Detektiv immer wieder zu bedenken.
 
Stellvertretend für den bürgerlichen Durchschnittsdenker (also den Leser) kombiniert der praktizierende Arzt nahezu immer falsch. Dies macht er natürlich nur, um Sherlock Holmes’ herausragenden Intellekt und seine Kombinationsgabe hervorzuheben, denn Holmes fischt in anderen Gewässern als der Rest der Gesetzeshüter und sticht damit immer alle aus. Darüber hinaus wohnt Watson auch noch die Funktion inne, im Fall der Fälle ärztliche Hilfe zu leisten und seine soldatischen Fähigkeiten als rettender Beschützer unter Beweis zu stellen. Im Film führt er deshalb eine Klinge mit sich, die sich in seinem Spazierstock verbirgt. Die Kriegserlebnisse aus Afghanistan zieht er veranschaulicht anhand einer Verletzung am linken Bein hinter sich her.
 
Da Holmes in den Geschichten als Verfechter der modernen Forensik dargestellt wird, vertraut er regelmäßig auf Watsons Eigenschaft als Gerichtsmediziner. Guy Ritchies Version weicht nur geringfügig von diesem Bild ab, verleiht der Figur vielleicht etwas mehr Draufgängertum und verdeutlicht das Laster der Spielsucht, vor dem ihn Holmes regelmäßig bewahren muss. Das beschränkt sich nicht nur auf Wetten bei Pferderennen, sondern generell auf alles, bei dem sich Geld verlieren lässt. Nur wenn Holmes selbst in den Ring steigt, ist Watsons kapitaler Einsatz von großem Nutzen und trägt zum Erhalt der Holmes’schen Detektei bei.
 
Seit dem Bühnenstück „Drama in vier Akten“ (1899) ist auch der Satz „Oh, das ist elementar, mein lieber Freund“ zu einem ständig wiederkehrenden Markenzeichen der Unterhaltungen zwischen Holmes und Watson geworden. Der Umstand, dass Holmes seinen Komparsen dadurch zu einer Nebenfigur degradiert und sich selbst eine aristokratische Hochnäsigkeit erhält, veranlasste Guy Ritchie zur Streichung dieser Sentenz. Stattdessen bewegen sich die Hauptfiguren auf einer weniger noblen, mittelständischeren Ebene.

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