ARD-Rechtsexperte kritisiert Gerichtsshows

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Der scheidende Gerichtsexperte der ARD, Karl-Dieter Möller, hat die Gerichtsshows im Privatfernsehen und eine Boulevardisierung der Nachrichten kritisiert. Viele Sendungen vermittelten ein Bild der Justiz, das so nicht stimme.

In einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ vom Montag sagte Möller, er sei keiner, der die Gerichtsshow in Grund und Boden verdamme. Aber diese Shows vermittelten einen Eindruck von der Justiz, wie sie in Wirklichkeit nicht sei. So sei neulich bei Barbara Salesch ein Mord in 14 Minuten abgehandelt worden „mit allem Drum und Dran. Ratz, fatz“. Amtsrichter hätten Möller erzählt, dass sie die Leute in kleineren Prozessen erst mal zurechtstutzen müssten, dass sie keine Flasche Wasser mit in den Gerichtssaal nehmen.
 
Die Idee der Gerichtsprozesse im Fernsehen ist laut Möller im übrigen keine Erfindung der Privaten. „Wir haben in den 80er Jahren ja damit angefangen, im Süddeutschen Rundfunk mit dem ‚Gerichtstag‘, ein Schiedsgerichtverfahren mit echten Richtern und Originalfällen. Man hätte das vielleicht wieder aufbereiten müssen fürs Erste“, so Möller.

Der Gerichtsreporter der ARD sprach sich aber gegen eine weitere Boulevardisierung der Nachrichtensendungen aus. Aus diesem Grunde habe man sich auch schwer getan mit dem Kachelmann-Prozess. Er stehe nach wie vor voll hinter der Entscheidung, „dass wir mit der ‚Tagesschau‘ erst mit der Anklage gegen Kachelmann eingestiegen sind“. Kachelmann sei kein ARD-Mitarbiter gewesen. Allerdings habe er im Zusammenhang mit diesem Prozess auch sein erstes Interview in einem TV-Boulevardmagazin gegeben, da er finde, solche Themen gehörten nicht in die „Tagesschau“.
 
Indirekte Schelte bekamen daher auch seine Kollegen vom ZDF. „Die machen inzwischen um 19 Uhr aber auch Sachen, die wir im Ersten absolut niemals machen würden. Weinende Mütter, die Aufrufe an mögliche Entführer machen. Wie bei RTL“, kritisierte der Fernsehjurist. Möller wird Ende November nach 24 Jahren als ARD-Rechtsexperte in Pension gehen. Auch sein Nachfolger steht schon fest. Möller wird von Frank Bräutigam vom SWR abgelöst (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). [mw]

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8 Kommentare im Forum

  1. AW: ARD-Rechtsexperte kritisiert Gerichtsshows "Streit um Drei" fand ich immer gut - schade, daß es das nicht mehr gibt. Das wurde so gut gespielt, daß ich mich anfangs gefragt hatte, ob es tatsächlich nur gespielt war. Bei den Gerichtsshows der Privaten merkt man das sofort... Eine Folge bei "Streit um Drei" ist mir jetzt noch in Erinnerung (die mit dem Staubsaugervertreter - Stichwort: "Plopp!").
  2. AW: ARD-Rechtsexperte kritisiert Gerichtsshows Treffend beobachtet. Im Falle der Apelle an Entführer bin ich allerdings sehr gespalten, ob man das machen soll oder nicht. Immerhin gibt man Angehörigen damit eine Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Ob man das immer dem privaten Journalismus überlassen sollte, ist schon eine schwierige Frage. Aber ich denke auch nicht, dass das unbedingt in eine Heute-Sendung gehört.
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