KJM-Chef Schneider schockiert über Aufgaben seiner Mitarbeiter

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Gewalt und Pornografie im Internet, Fußtritte gegen die Menschenwürde im Fernsehen. Was sich Prüfer der Kommission für Jugendmedienschutz ansehen müssen, ist teils kaum auszuhalten. Ihr neuer Vorsitzender Siegfried Schneider will den Kampf gegen die Verrohung aufnehmen.

Manche Spitzenjobs können widerlich sein, zumindest einige damit verbundene Aufgaben. Als neuer Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat Siegfried Schneider den Mitarbeitern der Stabsstelle über die Schulter gesehen – und war schockiert. Sie müssen sich im Internet die schlimmsten Seiten ansehen, um Verstöße gegen den Jugendschutz zu melden und möglichst eine Löschung des Angebots in die Wege zu leiten. „Bei manchem Inhalt wird mir schon himmelangst, wenn ich daran denke, dass Kinder das sehen könnten“, sagt der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) im Gespräch mit der dpa.
 
Schneider, der Mitte Dezember den bisherigen KJM-Chef Wolf-Dieter Ring beerbte, will den von vielen als aussichtslos eingestuften Kampf aufnehmen: „Selbst wenn es nicht immer sofort gelingt, ist es jede Anstrengung wert“, lautet sein Credo. Im Vergleich zu Rundfunkangeboten lauert aus seiner Sicht auf dem „Spielplatz Internet“ die größere Gefahr für die junge Seele. „Hier gibt es quantitative und qualitative Unterschiede – und im Internet surfen schon die Kinder meist allein“, gibt er zu bedenken. Die Eltern könnten vielfach einfach nicht kontrollieren, was der Nachwuchs so alles anklickt.

Jugendmedienschutz sei eine Medaille mit zwei Seiten, betont Schneider – der Prävention mit Angeboten zur Medienpädagogik und der Repression mit dem Ahnden oder Löschen von Inhalten, die gegen den Jugendschutz verstoßen. Für die Medienpädagogik seien mit dem in Bayern bereits eingeführten Schulunterricht zum Medienführerschein sowie der geplanten Ausbildung von Medienberatern für Schulen, Jugendclubs, Vereine und Elternabende die ersten Schritte getan. „Aber hier ist auch die Gesellschaft gefordert“, sagt Schneider.
 
Zu den Aufgaben der KJM zählt im Rahmen der Rundfunk- und Telemedienaufsicht die Prüfung und Bewertung, um Verstöße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) festzustellen. Rund 4300 Verstöße waren es bisher, etwa 880 Fälle im Rundfunk und 3500 bei den Telemedien. Weitere Aufgaben sind die Festlegung von Sendezeiten, Prüfung und Genehmigung von Verschlüsselungs- und Vorsperrungstechnik und Anerkennung von Jugendschutzprogrammen. Zwei solche Programme hat die KJM jüngst als praktikabel anerkannt. Doch es steht und fällt damit, dass die Eltern informiert werden und diesen Schutz umsetzen.
 
Schockierend waren für Schneider etwa pornografische Netz-Inhalte bis hin zu Selbstverstümmelungen oder auch „Neonazi-Inhalte, die mal ganz unverblümt daherkommen, mal als versteckte Botschaften“. Wer derlei im Netz sieht, könne direkt auf der Seite von jugendschutz.net unter „hotline“ auf das kritische Angebot mit Link hinweisen oder auch direkt eine Mail an die KJM senden. „Wir bekommen viele Beschwerden“, sagt Schneider. Längst gehe der Trend dahin, solche Angebote zu löschen statt zu sperren, denn Sperren könnten findige Onliner vermutlich sehr schnell umgehen.
 
Der Jugendmedienschutz versucht nach eigener Aufgabenbeschreibung, Einflüsse der Erwachsenenwelt, die dem Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen noch nicht entsprechen, möglichst gering zu halten und Kinder und Jugendliche bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Dabei ist es die Aufgabe des Jugendmedienschutzes, das Gefährdungspotenzial von Medieninhalten zu beurteilen und deren Verbreitung zu regeln. Der gesetzliche Jugendmedienschutz sieht vor, dass Kinder und Jugendliche Medien altersgerecht nutzen oder keinen Zugang haben, um sie vor problematischen Medieninhalten zu schützen.
 
Im Thema des Monats August befasste sich DIGITALFERNSEHEN.de eingehender mit dem Schwerpunkt „Jugendschutz in Film und Fernsehen“.[Jutta Steinhoff]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

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