Rasanter Schweizer „Tatort“ über deutsche Steuerflucht

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Für seinen siebten Fall hat sich der Schweizer „Tatort“ ein brisantes wie aktuelles Thema herausgesucht: Steuerflucht reicher Deutscher und den Handel mit geheimen Bankdaten. „Verfolgt“ ist kontrovers und dadurch vielleicht der beste Fall, den die Schweizer bisher geliefert haben.

Kompliment des Kommissars: „Currywurst können die Deutschen definitiv besser.“ Ansonsten kommt der „große Kanton“ im Eidgenossen-Krimi „Verfolgt“ an diesem Sonntag (20.15 Uhr) im Ersten nicht gut weg. Kein Wunder, der siebte Beitrag des Schweizer Fernsehens zur „Tatort“-Reihe thematisiert den Streit mit Deutschland um das Schweizer Bankgeheimnis und die Steuerflucht reicher Bundesbürger.
 
Er beginnt herkömmlich-blutig mit einer Frauenleiche. Ein Eifersuchtsdrama, so scheint es. Gehörnter Ehemann erschlägt Gattin. Gähn, wegzappen. Wäre da nicht die Flucht ihres Liebhabers, eines deutschen IT-Experten bei einer Schweizer Privatbank (Alexander Beyer). Und die wahnsinnige Angst seiner betrogenen Ehefrau (Karin Plachetka) vor rätselhaften Verfolgern.
 
Zügig schafft Regisseur Tobias Ineichen den Übergang vom Normal- zum spannenden Politkrimi. Als der flüchtige Computerfachmann sich schließlich stellt, wartet er mit einer scheinbar hanebüchenen Erklärung auf: Er sei im Besitz von Kontodaten, Beweisen für riesige Steuerbetrügereien von Deutschen mit Hilfe Schweizer Banker. Und die hätten nun Auftragskiller auf ihn angesetzt.

Soweit gehen vornehme Schweizer Banker natürlich nicht. Dennoch gibt es für den brisanten Fall, mit dem es Kommissar Reto Flückiger (Stefan Gubser) und seine Kollegin Liz Ritschard (Delia Mayer) diesmal zu tun haben, etliche Vorbilder im wirklichen Leben.
 
Dazu gehört, dass in der Schweiz nicht etwa Banker verfolgt werden, die Schwarzgeld von Ausländern angenommen und verwaltet haben, sondern diejenigen, die das ausländischen Behörden „verraten“. So wurde 2013 ein deutscher Computerexperte bei einer Zürcher Privatbank angeklagt. Er hatte gestanden, 2700 Datensätze für 1,1 Millionen Euro an den deutschen Fiskus verkauft zu haben. Wegen Wirtschaftsspionage bekam der Mann drei Jahre Gefängnis.
 
Bankdaten-Verkäufer werden von der deutschen Justiz mit offenen Armen begrüßt, in der Schweiz gelten sie als Kriminelle. „Sie haben fremdes Eigentum gestohlen und lassen sich auch noch gut dafür bezahlen“, herrscht der Kommissar Flückiger den IT-Fachmann an, der sich als ehrenwerten „Whistleblower“ darstellt. „Hören sie auf mit diesem Wikileaksscheiß.“
 
Frühere Schweizer „Tatort“-Folgen mögen in Deutschland als harmlose Alpenkrimis belächelt worden sein. Der siebte Streich jedoch ist nicht nur spannend inszeniert, er könnte auch kontroverse Debatten auslösen. Stefan Gubser jedenfalls beurteilt die Problematik offenbar genauso wie sein Kommissar Flückiger: Es sei „fragwürdig, wenn ein Staat wie Deutschland hohe Summen bietet, um Bankdaten zu kaufen“, sagte er der Zeitung „Schweiz am Sonntag“. „Damit begibt er sich in die Illegalität.“ Deutschland in der Illegalität, starker Tobak. Dazu passt, dass in „Verfolgt“ ein deutscher Politiker auf Besuch in Luzern als so richtig arrogant und dümmlich gezeichnet wird, wie es gängigen Schweizer Vorurteilen entspricht.
 
Allerdings – und das wird in „Verfolgt“ leider nicht deutlich – hat die Eidgenossenschaft auf massiven Druck der USA und der EU längst ihre Finanzpolitik geändert und sich eine „Weißgeldstrategie“ verpasst. Heute bestehen Schweizer Banken bei ausländischen Kunden auf dem Nachweis, dass deren Gelder daheim ordnungsgemäß versteuert sind. Wer das nicht erbringen kann oder will, bekommt die Kündigung.
 
Dennoch ist „Verfolgt“ sicher der bislang beste Schweizer Beitrag zur „Tatort“-Reihe, samt aufregender Killerjagd, einem riskanten Rettungsschuss von Kommissarin Ritschard für ihren Kollegen. Und mit mehr als nur einer Leiche.
 
Um so bedauerlicher, dass der Politkrimi – wie bisherige Eidgenossen-„Tatorte“ – trotzdem Probleme haben dürfte, beim deutschen Publikum auf eine vergleichsweise hohe Einschaltquote zu kommen. Denn parallel zum ARD-„Tatort“ läuft bei RTL das EM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Schottland. Deutscher Fußball oder Schweizer Schwarzgeldkrimi – wie entscheiden sich die Zuschauer im Land der besseren Currywürste?

[Thomas Burmeister/fm]

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8 Kommentare im Forum

  1. AW: Rasanter Schweizer "Tatort" über deutsche Steuerflucht Ui, da werde ich vorurteilsfrei und entspannt zu schauen.
  2. AW: Rasanter Schweizer "Tatort" über deutsche Steuerflucht Für die die sich fragen warum Ihnen die Hintergrundmusik bekannt vorkommt: Commerzbank AG - Der Film "Erster Schritt" (2012) - YouTube
  3. AW: Rasanter Schweizer "Tatort" über deutsche Steuerflucht war ein guter und packender Tatort Nur das Ende fand ich etwas komisch
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