[Thema des Monats] Was passiert nach Ablehnung durch die FSK?

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Die FSK ist nicht das einzige Gremium in Deutschland, das für die Freigabe von Medien zuständig ist. Welchen Weg gehen Filmverleiher, wenn die FSK einen Film ablehnt? Und wann landet ein Streifen auf dem berüchtigten Index? Unser „Thema des Monats“ liefert die Antworten.

Sollte ein Film durch die Freigabeprüfung der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) fallen, führt der Weg über die Juristenkommission der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO). Hier können Filmschaffende eine gutachterliche Stellungnahme einholen. Für manche Filme umgehen die Verleiher die FSK und reichen den betreffenden Film direkt bei der Juristenkommission ein. Das Gremium setzt sich aus drei unabhängigen Juristen zusammen und prüft, ob ein Film, eine DVD, Blu-ray oder ein sonstiger Bildträger gegen strafrechtliche Bestimmungen sowohl des Strafgesetzbuches als auch des Jugendschutzes verstößt.
 
Stellt die Juristenkommission keine straftrechtliche relevanten Verstöße fest, erhält der Bildträger das SPIO-JK-Logo. An dieser Kennzeichnung erkennt der Handel, dass der betreffende Film juristisch geprüft und als strafrechtlich unbedenklich eingestuft wurde. Damit sichert sich der Handel strafrechtlich ab.Allerding bewahrt ein Gutachten der SPIO-JK einen Film nicht vor der Indizierung, denn diese kann, im Gegensatz zu einem von der FSK gekennzeichneten Film, weiterhin durch die BPjM erfolgen.
 
Es gibt zwei unterschiedliche Kennzeichen der Juristenkommission: „keine schwere Jugendgefährdung“ und „strafrechtlich unbedenklich“. Die beiden Freigaben wurden auf Wunsch der Programmanbieter und des Handels eingeführt, damit diese Filme ohne FSK-Freigabe einfacher anbieten können. „SPIO-JK geprüft: Keine schwere Jugendgefährdung“ bedeutet, dass der Film zwar eine leichte Jugendgefährdung beinhaltet aber normal beworben werden darf und für Erwachsene im Handel käuflich zu erstehen ist.
 
Ein mit „SPIO-JK: Strafrechtlich unbedenklich“ gekennzeichneter Titel darf hingegen nicht frei im Handel angeboten werden, sondern nur in abgetrennten Räumen, zu denen Minderjährige keinen Zutritt haben. Somit bleibt nur der Gang zur Ladentheke, um gezielt nach dem Film zu fragen. Sieht die Sonderkommission eine Indizierungsgefahr, weist sie den Verleiher auf die entsprechenden Filmsequenzen hin.„Hostel 2“ und die „straflosen Verbotsirrtümer“

 
Doch nicht nur für den Handel bieten diese Logos eine gesetzliche Absicherung, sondern auch für die Filmverleiher. Wird der jeweilige Titel in einem späteren Verfahren beschlagnahmt, können weder Filmverleiher noch der Handel strafrechtlich belangt werden, da ein sogenannter strafloser Verbotsirrtum vorliegt.
 
So geschehen beim Horrorstreifen „Hostel 2“, dessen ungekürzte Fassung zunächst von der FSK keine Freigabe erhielt. Verleiher Sony entschied sich, die Juristenkommission der SPIO zu bemühen, welche nach Entfernung von sieben Sekunden Bildmaterial dem nun als „Extended Version“ auf DVD veröffentlichten Schocker eine „strafrechtlich unbedenklich“-Kennzeichnung zugestand. Nachdem bei der BPjM ein Indizierungsantrag gestellt wurde, landete der Titel auf der sogenannten Liste B. Das bedeutet, dass der betreffende Film der Staatsanwaltschaft übergeben wird, die über die strafrechtliche Unbedenklichkeit des Film entscheidet.
 
Im Falle von „Hostel 2“ war das nach der Prüfung durch die Juristenkommission der SPIO zum wiederholten Mal der Fall. Diesmal attestierten die Gesetzeshüter dem Vertreter des als „Torture Porn“ betitelten Subgenres eine „strafrechtliche Bedenklichkeit“ aufgrund von Gewaltverherrlichung (§131 StGb). Daraufhin beschlagnahmte das Amtsgericht München den Streifen im Juni 2008. Damit wurden Verkauf und Verleih dieser Filmfassung verboten. Hätte Sony darauf verzichtet, den Film vorher durch die Juristenkommission prüfen zu lassen, wären nun rechtliche Schritte gegen den Verleiher wahrscheinlich gewesen.
 
Ungeprüfte Filme, also Titel, die über keine Kennzeichnung der FSK oder der Juristenkommission verfügen, werden übrigens wie FSK-18-Titel behandelt und können sowohl indiziert als auch beschlagnahmt werden. Im Gegensatz zu SPIO-JK-freigegebenen Titel drohen bei nachfolgender Beschlagnahmung dem Label rechtliche Konsequenzen. Theoretisch kann so auch ein Animationsfilm für Kinder, der ohne jegliche Gewaltdarstellung auskommt, zum FSK-18-Titel werden.Wenn das Blut zu sehr fließt – die Indizierung

 
Bei Indizierungsanträgen wird die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) tätig. Jugendgefährdend bedeutet nach Paragraph 18 Absatz 1 des Jugendschutzgesetzes , dass „dieEntwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einereigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ gefährdet wird. Wird ein Film indiziert heißt das, dass von ihm eine Jugendgefährdung ausgeht und er daher Minderjährigen nicht mehr zugänglich gemacht werden darf.
 
Die dem Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend unterstellte Behörde prüft Filme auf Inhalte, die Kinder und Jugendliche „sozialethisch desorientieren“ können. Ist dies der Fall, nimmt sie die BPjM in die Liste jugendgefährdender Medien auf – die Indizierung. Die Behörde wird ausschließlich auf Antrag von Jugendministern und Jugendämtern tätig, die wiederum auch auf Anregung von Privatpersonen Indizierungsanträge stellen können. Bei bereits von der FSK abgesegneten Titel darf keine nachträgliche Indizierung erfolgen.
 
Ein Gremium aus 12 Mitgliedern entscheidet über die tatsächliche Jugendgefährdung des vorgelegten Mediums. In Fällen von offensichtlicher Jugendgefährdung urteilt ein 3er-Gremium. Wie bereits bei der FSK setzt sich der Ausschuss aus Vertretern verschiedener Gruppen zusammen, um die pluralistische Meinungsvielfalt der Gesellschaft widerzuspiegeln. Darunter befinden sich Vorsitzende und Vertreter aus den Bereichen Kunst, Literatur, Buchhandel und Verlegerschaft, Anbietern von Bildträgern und Telemedien, Träger der freien Jugendhilfe, Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Lehrerschaft, Kirchen sowie drei Vertretern aus den für den Jugendschutz zuständigen Landesministerien. Für das endgültige Urteil reicht eine 2/3-Mehrheit.Gelistete Gewalt – Liste A und Liste B

 
Die Bundesprüfstelle ist per Jugendschutzgesetz dazu verpflichtet, Listen der indizierten Titel zu führen, was sowohl Filme als auch Spiele und Musik einschließt. Liste A umfasst alle jugendgefährdenden Trägermedien, die nach Einschätzung der Bundesprüfstelle keinen strafrechtlich relevanten Inhalt aufweisen. Liegt ein solcher Sachverhalt nach Meinung der BPjM vor, wird der Titel in Liste B aufgenommen, welche Medien beinhaltet, die nach Ansicht der Bundesprüfstelle bundesweit beschlagnahmt werden sollten.
 
Die endgültige Entscheidung über eine Beschlagnahmung trifft ein Gericht. Nach dessen Urteil wird der betreffende Film von der BPjM einer der beiden Listen zugeordnet. Bis zu seiner Beschlagnahmung darf ein Film der Liste B weiterhin im Handel an Erwachsene verkauft werden. Sowohl Liste A als auch Liste B werden regelmäßig in der Publikation „BPjM Aktuell“ veröffentlicht, die Behörden, öffentliche Bibliotheken, Schulen sowie Jugendhilfeeinrichtungen kostenlos zur Verfügung gestellt und ansonsten als kostenpflichtiges Abonnement angeboten wird.
 
Was häufig für Verwirrung sorgt, ist der Umstand, dass sich die Beschlagnahmung auf ein bestimmtes Trägermedium bezieht, also eine spezielle DVD- oder Blu-ray-Veröffentlichung eines Filmverleihers, nicht jedoch auf inhaltsgleiche Veröffentlichungen eines anderen Labels. 
 
Wird ein Titel indiziert, bedeutet das aber nicht, dass er automatisch verboten ist. Die Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Medien bedeutet zunächst, dass der Titel den gleichen Restriktionen unterworfen ist, wie ein FSK-18-Film, geht aber noch weiter. Die Filme dürfen zwar nicht beworben werden, sind aber unter der Ladentheke für Erwachsene zu erstehen. Der Versandhandel darf nur mit einem Verifizierungsverfahren wie Post-Ident, das sicherstellt, das die Sendung ausschließlich den volljährigen Empfänger erreicht, entsprechende Titel verkaufen.Folgen der Indizierung

 
Meist beugt sich der Handel im Voraus, indem er indizierte Titelder Liste B meist aus dem Sortiment nimmt, da hier eine Beschlagnahmungsehr wahrscheinlich erscheint. Zwar ist bis dahin der Verkauf weiterhinerlaubt, sollte ein Händler es jedoch versäumen, den Titel nacherfolgter Beschlagnahmung aus seinem Sortiment zu entfernen, macht er sichstrafbar. Wird ein Film der Liste B gar nicht erst ins Programmaufgenommen, geht man einem eventuellen Versäumnis bereits im Vorfeldaus dem Weg. Diese Entscheidung begründet sich häufig auf Unkenntnis unddie Annahme, dass indizierte Filme gleichzeitig verboten sind. Nurwenige Online-Händler bieten Titel der Liste B oder überhaupt indizierte Filme an.
 
Noch ein weitverbreiteter Irrtum: Der Besitz eines nach Paragraphen 181 (Gewaltverherrlichung) beschlagnahmten Films ist weder illegal, noch ist es Käufern untersagt, sich über Importwege entsprechende Streifen zu besorgen. Lediglich der Verkauf, die Bewerbung und die öffentliche Vorführung sind verboten. Im Fernsehen dürfen indizierte Filme nicht ohne Sondergenehmigung, beschlagnahmte Filme hingegen gar nicht gezeigt werden. Erst wenn durch entsprechende Kürzungen die inhaltliche Gleichheit zum indizierten Film nicht mehr gegeben ist, könnte er im TV ausgestrahlt werden.
 
Nach 25 Jahren erlischt die Gültigkeit der Indizierung. Der entsprechende Titel wird dann von der Bundesprüfstelle neu geprüft und entweder vom Index genommen oder mit einer Folgeindizierung versehen. Die FSK kann erst nach erfolgreicher Listenstreichung einen Film erneut beurteilen. Eine Beschlagnahmung gilt für zehn Jahre, kann aber durch ein gerichtliches Verfahren vorzeitig aufgehoben werden.
 
DIGITAL FERNSEHEN stellt Ihnen an dieser Stelle immer amMontagvormittag das aus Sicht der Redaktion interessanteste Thema desMonats vor. Seit Anfang August beschäftigen wir uns mit Jugendschutz im Heimkino. In der kommenden Woche klären wir die Frage, ob die Arbeit der FSK von Kritikern zu recht als Zensur bezeichnet wird. Dazu haben wir beim Verleiher Kinowelt nachgefragt. Zum Artikel aus der vergangenenWoche geht es hier.
Thema des Monats: FSK
Thema des Monats im Überblick
[Rayk Hoppe]

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