Zeitreise im Breuer-Strafprozess – Erste Zeugen sagen aus

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Der Strafprozess gegen Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer läuft. Nach Pannen und Verzögerungen sagten erste Zeugen aus. Breuer soll in einem Zivilverfahren um die Kirch-Pleite 2003 gelogen haben. Der damalige Richter entlastet Breuer und wundert sich über den Prozess.

Mit ersten Zeugenaussagen ist am Freitag vor dem Landgericht München I der Strafprozess gegen Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer in eine weitere Runde gegangen – und die dürfte recht klar an die Verteidiger Breuers gegangen sein. Die Staatsanwaltschaft wirft Breuer vor, 2003 in einem der vielen Zivilverfahren um die Milliardenpleite von Leo Kirch gelogen zu haben (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete). Den damaligen Vorsitzenden Richter Walter Seitz wundert acht Jahre später, dass die damalige Aussage nun Strafrechtler beschäftigt. „Für mich war erstaunlich, dass da ein Strafverfahren kommt“, sagte Seitz.
 
Er habe Breuer nur Gelegenheit geben wollen, sich zu den Vorwürfen der Kirch-Seite in dem milliardenschweren Streit um Schadenersatz auch vor Gericht zu äußern. „Für mich war das eine Frage der Fairness“, sagte Seitz. Für die Entscheidung des Gerichts sei die Aussage damals aber ohne Bedeutung gewesen. Und das sei ihm auch von Anfang an klar gewesen. Es sei zudem darum gegangen, nicht das Risiko einzugehen, dass der Bundesgerichtshof in einer Revision bemängeln könnte, dass man Breuer nicht zumindest angehört habe.
 
Der im Juli gestorbene Kirch hatte zeitlebens die Bank und Breuer für das Ende seines Imperiums 2002 verantwortlich gemacht. Vor allem ein Interview, das Breuer Wochen vor dem Untergang der Kirch-Gruppe gab, habe die Pleite mitverursacht. Die Kirch-Seite kämpft seither um milliardenschweren Schadenersatz von der Bank, bislang ohne größeren Erfolg. Breuer hatte in dem Interview die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt. Vor Gericht hatte Breuer gesagt, er habe Informationen über Kirchs Lage nur aus den Medien.

Allerdings hatte die Deutsche Bank einem Teil des Kirch-Konzerns einen Kredit gewährt, so dass Breuer zumindest dafür auch über interne Informationen verfügte. Zum Teil aus einer fast 100 Seiten umfassenden Präsentation im Kreditausschuss der Bank. Dass Breuer sich an die beiden Seiten, die Kirch betrafen, detailliert erinnern konnte, bezweifeln die Verteidiger Breuers massiv.
 
Der Prozess hatte nach einer Justizpanne um die Schöffenbesetzung mit wochenlanger Verspätung erst am vergangenen Donnerstag wieder begonnen – und war nach Verlesung der Anklage gleich wieder vertagt worden. Schon zuvor holperte das Verfahren. Die Staatsanwaltschaft hatte im November 2009 nach einer Anzeige der Kirch-Seite Anklage erhoben, doch die Ermittlungen zogen sich, das Gericht forderte Nachermittlungen und ließ die Klage erst im März überhaupt zu.
 
Vor Seitz hatte das Gericht den Stenografen Josef Hrycyk befragt, der in der fraglichen Verhandlung am 5. November 2003 vor dem OLG für die Bank die Sitzung protokolliert hatte. Die Aufzeichnungen sind ein wichtiges Detail. Mühevoll wurde das Schriftstück abgeglichen. Viele der damals verhandelten Fragen werden derzeit wieder in einem Zivilverfahren vor dem OLG München besprochen, das nach Befangenheitsanträgen gerade ruht. Auch für seine Aussage in eben diesem Verfahren könnte Breuer ein Verfahren wegen versuchten Prozessbetruges drohen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt – auch gegen seinen Nachfolger an der Spitze der Deutschen Bank, Josef Ackermann,
und Aufsichtsratschef Clemens Börsig wegen ihrer Aussagen dort. [dpa]

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