Interview: „HDTV ist aus betriebswirtschaftlichen Gründen schwierig“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – HDTV ist derzeit noch sehr teuer und liefert zu geringe Reichweiten, um sich betriebswirtschaftlich zu rentieren, sagt Volker Steiner, Managing Director bei Eutelsat Deutschland. DIGITAL FERNSEHEN sprach mit ihm über HDTV.

Zur Zeit ist das Interesse an HDTV noch „übersichtlich“, sagt Steiner. Das liegt nicht zuletzt an den zusätzlichen Kosten, die auf potentielle Nutzer zukommen, glaubt er. Wer HDTV sehen will, benötigt die entsprechende Hardware, bestehend aus HDTV-Receiver, Smartcard und HDMI-Kabel. Ein weiterer Grund, warum die Nachfrage nach HDTV bisher so gering ist, sind die wenigen frei empfangbaren Angebote in HDTV, vermutet Steiner.

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Steiner, sind bei Kabelkiosk in nächster Zeit Aufschaltungen für HDTV-Sender geplant?
 
Volker Steiner: Als führendes europäisches Satellitensystem übertragen wir heute schon mit 50 Sendern die meisten HDTV-Kanäle im erweiterten Europa. Natürlich sind wir sehr daran interessiert, attraktive Sendeinhalte über den Eutelsat Kabelkiosk anzubieten. Wir führen zahlreiche Gespräche mit verschiedenen Programmanbietern, um zu Vereinbarungen über die Einspeisung von HDTV-Inhalten zu kommen. Angesichts der hohen Kosten und derzeit noch geringen Reichweiten ist HDTV jedoch verglichen mit dem DVB-Standard aus betriebswirtschaftlichen Gründen schwierig. Dies gilt allerdings für die meisten Technologien in der Startphase. Wir arbeiten daher intensiv daran, mit unseren Partnern und Kunden längerfristig tragfähige Geschäftsmodelle bereitzustellen.
 
DF: Inwiefern ist die Nachfrage für Fernsehen in High Definition Qualität Ihrer Meinung nach vorhanden?
 
Steiner: Die Nachfrage ist an den Verkaufszahlen der für den Empfang geeigneten Dekoder ablesbar. Mit aktuell knapp 400 000 HDTV-Receivern, davon weit über 80 Prozent für den Satelliten, ist das Verbraucherinteresse an HDTV noch sehr übersichtlich. Auf der anderen Seite gibt es schon einen hohen Bestand von neun bis zehn Millionen HD-ready- und Full-HD-TV-Geräten in den deutschen Haushalten. Allerdings ist diese Zahl kein geeigneter Indikator, da die Geräte in der Regel gar nicht direkt wegen HDTV gekauft wurden.
 
Aus meiner Sicht gibt es eine Reihe von Ursachen für das noch übersichtliche HDTV-Interesse. Gründe sind sicher die technische Komplexität und erforderliche Zusatzkosten auf der Empfängerseite mit HDTV-Receiver, Smartcard und HDMI-Kabel. Die Akzeptanz für HDTV wird sicherlich sehr deutlich zunehmen, wenn auch das HDTV-Angebot im freien Empfang steigt. Zusätzlich unterstützt werden könnte dies durch eine hohe Blu-ray-Penetration, wenn die viel bessere Qualität dem Verbraucher tatsächlich ins Auge springt. Ein weiteres positives Argument für HDTV ist 3-D. Noch befindet sich HDTV in der Early-Adopterphase und wird primär nur von sehr technikaffinen Verbrauchern genutzt.
 
DF: Warum gibt es Ihrer Meinung in Deutschland ein so geringes Angebot in HDTV?
 
Steiner: Deutschland steht vor einem typischen Henne-Ei-Problem. Kein Hardware-Hersteller und kein Programmanbieter wird angesichts der noch sehr geringen Reichweiten große Investitionsrisiken eingehen. Wir dürfen zudem in Deutschland neben der sehr guten PAL- und DVB-Bildqualität das vielfältige Angebot im frei empfangbaren Fernsehen nicht aus dem Auge verlieren. Viele Verbraucher sehen so selbst vor ihrem großen Flachbildfernseher nicht unbedingt die Notwendigkeit angesichts des noch sehr knappen Programmangebotes in einen HDTV-Receiver zu investieren. Dies könnte sich erst massiv ändern, wenn ARD und ZDF ihre HDTV-Roadmap realisiert haben.
 
DF: Was ist auf den nord- und osteuropäischen Märkten, wo viele HDTV-Sender aufgeschaltet werden, Ihrer Ansicht nach anders?
 
Steiner: Wir können die Entwicklungen in den mittel- und osteuropäischen TV-Märkten nicht mit Westeuropa und schon gar nicht mit Deutschland vergleichen. Dort gab es in der Regel nur ganz wenige analoge Staatssender und keinerlei nennenswerte gewachsene TV-Infrastrukturen mit Empfangsgeräten, Kabelnetzen und einer Vielzahl von Sendern und Inhalteproduzenten, auf die Marktteilnehmer Rücksicht nehmen müssen.
 
Beide Regionen konnten so aus diesem Nichts heraus vor dem ersten Schritt schon gleich den zweiten und sogar dritten in eine neue technische TV-Zukunft tun und Westeuropa schlicht links liegen gelassen. In den nordischen Ländern gab es bisher auch kaum nennenswerte lokale TV-Angebote. Die Sender in den nordskandinavischen Ländern wie Norwegen, Schweden und Finnland sind in der Masse englischsprachig und stammen aus den Hollywoodstudios. Zudem hat Pay-TV in diesen Ländern eine wesentlich dichtere Verbreitung und höhere Akzeptanz. Dies sind beste Voraussetzungen für die Vermarktung von Pay-HDTV-Angeboten.
 
Im Zusammenhang mit HDTV wird immer wieder gerne auf die Vorreiterrolle der USA und Japans hingewiesen. Tatsache ist allerdings, dass in den USA aufgrund der schlechten NTSC-Qualität erst die Regierung durch regulatorische Vorgaben den Markt zum DVB-Standard und HDTV zwingen musste. Im Übrigen bestätigen sehr viele HDTV-Zuschauer aus den USA, das die dortige HDTV-Qualität kaum besser als unser Analog-TV ist.
 
DF: Welche Vor- und welche Nachteile sehen Sie bei HDTV gegenüber Standard Definition?
 
Steiner: HDTV ist Standard Definition in qualitativen Belangen überlegen. Wer einmal ein Fußballspiel oder eine Naturdokumentation in HDTV gesehen und die Bildbrillanz erlebt hat, wird als echter TV-Fan nicht mehr auf diese Technik verzichten wollen. Als Nachteile sehe ich das komplizierte Rechtemanagement zum Beispiel beim Aufzeichnen oder Kopieren von HDTV-Inhalten. Hinzu kommt noch die Investition in einen neuen Dekoder. Dabei haben sich in den vergangenen Jahren rund 15 Millionen TV-Haushalte erst einen DVB-Receiver zugelegt. Sicherlich benötigt HDTV bei der Übertragung auch mehr Bandbreite, was für die Sender zusätzliche Kosten mit sich bringt. Aber das Bereitstellen von Kapazitäten ist ja schließlich als Satellitenbetreiber unser Kerngeschäft.
 
DF: Herr Steiner, vielen Dank für das Interview. [ar]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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55 Kommentare im Forum

  1. AW: Interview: "HDTV ist aus betriebswirtschaftlichen Gründen schwierig" am besten sendet man alle sender in 352x576, dann hat man auch mehr platz für neue sender !
  2. AW: Interview: "HDTV ist aus betriebswirtschaftlichen Gründen schwierig" ist doch klar das HDTV fast niemand empfängt.. warum zum teufel sollte ich mir einen HDTV + HD Receiver kaufen wenn es kein programm für meine teure Technik gibt? ich kaufe mir doch auch kein auto wenn es kein benzin mehr auf dem markt gibt
  3. AW: Interview: "HDTV ist aus betriebswirtschaftlichen Gründen schwierig" HDTV ist aus betriebswirtschaftlichen Gründen schwieirig da kann ich nur eins sagen hört auf zu stönen und bring mal vernünftigen Content auf die Beine dann bin ich auch zufrieden. Was den betrriebswirtschafrlichen Aspect angeht muss iergendjemand mal den Anfang machen und was investieren wir wollen ja alle schliesslich einen Mehrwert haben Da müsste doch was gehen denn sobal erstmal Investitionen in die richtige Richtung getätigt worden sind sind die Verbraucher auch bereit für entsprechende Qualität zu zahlen.damit beisst sich die Maus kein Faden ab.
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