Medientage: Absage an das bequeme Pantoffelkino?

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Bild: Destina - Fotolia.com
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München – München – Verdrängen nicht-lineare Formen des TV-Konsums – wie Video-on-Demand oder Online- Videotheken – das klassische lineare Fernsehen? Mit dieser Frage beschäftigten sich Experten im Rahmen der Medientage München.

Die Antwort der Fachleute: Lineares TV wird auch künftig einen großen Teil der Zuschauer erreichen. Dennoch ist die Entwicklung vom (passiv genutzten) Lean-back-TV zum (aktiv genutzten) Lean-forward-TV nicht aufzuhalten. Harald Greiner, Director Business Development Media bei Siemens, prognostizierte in seiner Einführung, dass lineares Fernsehen bei Live-Events seinen Stellenwert behalten werde, bei sonstigen Angeboten jedoch an Reichweite verlieren werde.
 
Eine Herausforderung für alle Broadcaster sei es, ihr nicht-lineares Angebot kontinuierlich auszubauen und neue Erlösmodelle zu entwickeln, da die klassischen Werbeeinnahmen zunehmend bedroht seien. Robert Amlung, Bereichsleiter Digitale Strategien beim ZDF, konstatierte einen kontinuierlichen Trend der Fragmentierung des Publikums. „Außer ‚Wetten dass..?’ gibt es wenig Programmformate, bei denen generationsübergreifend Zuschauer erreicht werden. Für viele passt das nicht-lineare Modell besser in den persönlichen Zeitplan, und für diese Gruppen müssen wir auch als Öffentlich-
Rechtliche ein Angebot bieten“, sagte der Programmexperte.
 
Mit der Mediathek erziele das ZDF mittlerweile zwischen 10 bis 15 Millionen Abrufe monatlich. Auch für Rainer Tief, Programmbereichsleiter für Jugend und Multimedia bei Bayern 3, ist klar: „Für die Öffentlich-Rechtlichen kann nicht gelten: Hochkultur für uns und die saftigen Weiden sind den Privaten überlassen.“ Vielmehr müssten ARD und ZDF beides bieten: „Sowohl Kultur als auch Unterhaltung, und das auch im nicht-linearen Bereich, um junge Zuschauergruppen zu erreichen und um die Gebührengelder zu legitimieren.“
 
Jürgen Loos, Leiter International Sales Media von Siemens, zeigte einen möglichen Ansatz zur erfolgreichen Parallelexistenz von linearen und nichtlinearen Angeboten auf: „Inhalte müssen so generiert werden, dass sie für verschiedene Plattformen nutzbar sind. Wir müssen weg von diesem Spartendenken TV, Hörfunk, Multimedia, sondern den Content vernetzter betrachten.“
 
Den Blick ins Ausland wagte Dr. Stefanie Lemke. Die großen Networks könnten im klassischen TV-Bereich nur noch einstellige Marktanteile für sich verbuchen, berichtete die selbständige Medienberaterin aus New York. Daraus resultiere der Mehrweg-Trend, die Inhalte über verschiedene Kanäle zu distribuieren: „In den USA kommt man weg vom Silo-Denken. Die Networks bieten ihren Content auf unterschiedlichsten Plattformen an und schaffen eigene Communities für einzelne Sendungen.“

Keinen Widerspruch sah Matthias Büchs, Leiter für die Bereiche Online und Mobile bei RTL interactive, im Nebeneinander von linearen und nicht-linearen Angeboten. Mit dem linearen Angebot gebe es einen starken Kern im Zentrum. „Bei der Formel 1 zeigt sich zum Beispiel, dass die nichtlinearen Angebote eine zusätzliche Mediennutzung generieren. Neben dem klassischen TV nutzen die Zuschauer dann zum Beispiel unsere Chat-Angebote.“
 
Deutlich entspannt blickte Kai Blasberg auf die aktuelle Diskussion: „Ich halte das alles für nicht so dramatisch. Es kommen neue Vertriebswege hinzu, aber dass jeder sein eigener Programmdirektor sein will, das halte ich für totalen Blödsinn“, formulierte der Geschäftsführer von Tele 5 TM-TV pointiert. Es kämen zwar beim nicht-linearen Fernsehen einige Funktionen hinzu, aber in den nächsten zwanzig, dreißig, vierzig Jahren werde man „ganz klassisch mit der Liebsten im Arm vor dem Fernseher liegen“, zeigte er sich vom Bestand des klassischen TV-Systems überzeugt. [mg]

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2 Kommentare im Forum

  1. AW: Medientage: Absage an das bequeme Pantoffelkino? Es wurde ja viel geschrieben, eigentlich hätte auch als kurze Inhaltsangabe des Forums gereicht:" Wie kann der private Rundfunk den privaten Konsumenten mehr oder überhaupt schröpfen." Wo wir dann nahtlos an entavio anknüpfen könnten, so sie denn wahrnehmbar existieren würden. Dann leanen wir uns mal ganz gespannt back und lassen die Experten quasseln.
  2. AW: Medientage: Absage an das bequeme Pantoffelkino? Klassisches Fernsehen? Wo kommt denn heutzutage noch die Nipkov-Scheibe zum Einsatz?
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