Digitalisierung: Private und Öffentlich-Rechtliche sollen gemeinsam vorgehen

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Über die Abschaltung der Analogausstrahlung der privaten Programme sprach DIGITAL FERNSEHEN mit dem Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen), Wolfgang Thaenert.

Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF wollen die analoge Ausstrahlung über Satellit Ende 2010 abschalten. Die Landesmedienanstalten würden ein gemeinsames abgestimmtes Vorgehen von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern befürworten, sagt Thaenert. Allerdings würden die privaten Sender eine „kritische Masse“ für die Umstellung benötigen. Hierbei müsse jedoch „der Markt nach Kosten-/ Nutzen-Gesichtspunkten entscheiden“.

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Thaenert, die ARD will laut Aussagen des Digitalverantwortlichen der ARD, Michael Albrecht, die Analogausstrahlung über Satellit Ende 2010 beenden. Das Sächsische Privatrundfunkgesetz ist das einzige in Deutschland, das die Übertragung von Rundfunkprogrammen und vergleichbaren Telemedien in Sachsen ausschließlich in digitaler Technik spätestens ab 1. Januar 2010 festlegt.
 
Sehen Sie angesichts der Aussage von Albrecht für die in Ihrem Bundesland ansässigen privaten Rundfunkveranstalter Handlungsbedarf für eine gesetzliche Änderung?
 
Wolfgang Thaenert: Die ARD setzt ein richtiges Zeichen. Die „Privaten“ sind allerdings mehr als ARD und ZDF auf eine satellitengestützte Reichweite angewiesen. Ihnen einen gesetzlichen Umstiegszeitpunkt zu verordnen, wäre auch wenig verbraucherfreundlich. Deshalb sehe ich keinen Bedarf für eine gesetzliche Änderung.
 
DF: Zur diskutierten Verlängerung beziehungsweise zum Auslaufen der Verträge der ARD bei SES Astra sagte Jörg-Peter Jost, Bereichsleiter Zentraltechnik bei Hessischen Rundfunk gegenüber DIGITAL FERNSEHEN: „Auf jeden Fall ist in dieser Frage das gemeinsame Vorgehen mit dem ZDF geplant“.
 
Inwiefern ist die Abschaltung von ARD und ZDF in Ihrem Geltungsbereich ein Anreiz für den privaten Rundfunk, in der gleichen Zeitschiene wie die Öffentlich-Rechtlichen von analog auf digital zu wechseln?
 
Thaenert: Dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten eine Vorreiterfunktion bei der Digitalisierung übernehmen, ist aufgrund der Gebührenfinanzierung dringend notwendig. Landesmedienanstalten wollen gerne ein gemeinsames abgestimmtes Vorgehen von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern fördern. Allerdings benötigen die privaten Sender eine „kritische Masse“ für die Umstellung. Hier muss der Markt nach Kosten-/ Nutzen-Gesichtspunkten entscheiden.
 
DF: Auch wenn in Ihrem Bundesland nicht gesetzlich festgeschrieben ist, bis wann die privaten Rundfunkanbieter die Übertragung ihrer Sender von analog auf digital abgeschaltet haben müssen: Was tut die Landesmedienanstalt Ihres Bundeslandes, um diesen Übergang zu begünstigen?
 
Thaenert: Die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen) setzt sich nicht nur in regelmäßigen Gesprächen mit öffentlich-rechtlichen wie privaten Anbietern für ein abgestimmtes Vorgehen bei der Digitalisierung ein. Sie fördert Digitalisierungstechnologien und Initiativen speziell in Nordhessen. Bei der finanziellen Unterstützung der digitalen Übertragung setzt uns das Beihilferecht Europas allerdings enge Grenzen.
 
DF: Die Landesmedienanstalten waren bereits Mitinitiatoren der digitalen Rundfunktechniken DVB-T und DAB in Deutschland. Inwiefern werden sich private Rundfunkveranstalter beim Wechsel zur digitalen Rundfunkübertragung über Kabel und Satellit beteiligen?
 
Thaenert: Die LPR Hessen befasst sich nicht nur mit der Digitalisierung der terrestrischen Verbreitung über DVB-T und DAB. Sie wirkt auch an Aktionen des Kabelnetzbetreibers mit, um den Digitalumstieg im Kabel zu forcieren.
 
DF: Wünschen Sie sich einen harten Umstiegstermin von analog zu digital? Wenn ja, wann sollte dieser sein?
 
Thaenert: Eine gemeinsame Vereinbarung über ein klares Umstiegsdatum erscheint wünschenswert. Nicht nur die Netzbetreiber und Inhalteanbieter, sondern auch die Verbraucher und der Endgerätehandel müssen sich darauf einrichten können. Zurzeit ist die sog. kritische Masse an Digitalempfangsgeräten und -haushalten noch nicht erreicht. Diese wäre allerdings erforderlich, um einen verbraucherfreundlichen Umstieg vornehmen zu können.
 
DF: Herr Thaenert, vielen Dank für das Interview. [ar]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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3 Kommentare im Forum

  1. AW: Digitalisierung: Private und Öffentlich-Rechtliche sollen gemeinsam vorgehen Richtig. Sie sind sich doch eigentlich sowieso nicht spinnefeind, sondern kaufen und verkaufen ihren Content untereinander. Dann können und sollen sie der Allgemeinheit auch was Gutes tun und gemeinsam den Fortschritt begünstigen!
  2. AW: Digitalisierung: Private und Öffentlich-Rechtliche sollen gemeinsam vorgehen werden sie aber bestimmt wieder nicht machen.sonst wäre es schon längst geschehen!!!!!!!
  3. AW: Digitalisierung: Private und Öffentlich-Rechtliche sollen gemeinsam vorgehen Der Euro ist für beide Seiten aber auch gleich teuer, egal was hier oft über die "vielen Milliarden" der ÖR erzählt wird. Aktuelles Beispiel gefällig? "Der WDR muss in den nächsten vier Jahren 100 Millionen Euro einsparen. Die Intendantin berichtete, dass der WDR wie die ostdeutschen Sender in der ARD zu den Verlierern zählt, da in NRW sehr viele Menschen von HartzIV leben, die bekanntlich von den Gebührenzahlungen freigestellt sind... Großes Sparpotential stecke in der Technik, man müsse sich genau anschauen, ob die Programme des WDR tatsächlich über alle möglichen Wege wie DVB-T, DVB-S etc. verbreitet werden müssten." (Zitat aus dem aktuellen WDR-Hausblatt "Fünkchen") Da ist von HDTV noch gar nicht die Rede... Klaus
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