Sat 1: „Moderatorinnen sahen zerzaust aus, weil die Maske im Ausstand war“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Nach dem 36-stündigen Streik der Pro-Sieben-Sat-1-Mitarbeiter am Standort Berlin spricht der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Uwe Theuerkauff darüber, was der Streik gebracht hat und wie es nun weiter geht.

Vergangenen Dienstag zog es die Mitarbeiter der Pro Sieben Sat 1 Media AG auf die Straße. Für 36 Stunden legten sie ihre Arbeit nieder und wollten damit ein Zeichen gegen den geplanten Zwangsumzug von Berlin nach Unterföhring setzen.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Theuerkauff, vergangenen Mittwoch um 24 Uhr ist der 36-stündige Streik der Pro-Sieben-Sat-1-Mitarbeiter des Standortes Berlin beendet worden. Wie hoch war die Beteiligung, sind Sie zufrieden?

Uwe Theuerkauff: Von den rund 600 Mitarbeitern am Standort Berlin – Jägerstraße haben sich etwa 90 Prozent der Kolleginnen und Kollegen am Streik beteiligt. Wir Betriebsräte sind nachmittags durch das Haus gegangen und bis auf ganz wenige Ausnahmen waren die Büros dunkel.
 
Ich bin überwältigt von dem Mut und dem Kampfgeist meiner Kolleginnen und Kollegen. Was für eine großartige Leistung! Für die meisten war es der allererste Streik und für alle war es ein schlimmes Gefühl, gegen das eigene Pflichtbewusstsein und die Sympathie für seinen Sender, allesfür zwei Tage im Stich zu lassen. Es zeigt aber auch wie wütend, enttäuscht und verletzt die Menschen durch die Firmenpolitik dieser unglaublich gierigen und menschenverachtenden Heuschrecken KKR-Permira sind. Sonst hätten nie so viele mitgestreikt.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Welche Auswirkungen hatte der Streik auf das reguläre Tagesgeschäft?
 
Uwe Theuerkauff: Das „Sat-1-Magazin“ wurde wegen des Streiks aus der Konserve gesendet, also nicht wie sonst live, mit neuen frischen und spannenden Beiträgen. Und auch beim „Frühstücksfernsehen“ gab es größtenteils Wiederholungen und ein Wetter ohne Wetterkarte. Außerdem sahen die Moderatorinnen irgendwie ein bißchen zerzaust aus, weil die Maske im Ausstand war. Also: es flimmerte, aber den Stammzuschauern ist es natürlich aufgefallen, dass da was nicht stimmt.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Haben Sie bereits erste Reaktionen von der Geschäftsführung erhalten? Was wurden Ihnen angeboten?
 
Uwe Theuerkauff: Ja, haben wir. Mehr kann ich im Augenblick aber noch nicht dazu sagen.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Wie werden Sie darauf reagieren?
 
Uwe Theuerkauff: Wir haben den Arbeitgeber schriftlich aufgefordert, bis zum kommenden Montag (26. Januar) ein substantiell verbessertes Angebot vorzulegen. Dann werden wir wieder in die Verhandlungen einsteigen, die der Arbeitgeber vergangenen Freitag abgebrochen hat, mit der Begründung: „alle entscheidenden Betriebsratsforderungen werden abgelehnt und dazu gibt’s auch nichts mehr zu sagen“. Das scheint sich jetzt geändert zu haben.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Was passiert, wenn wieder kein Kompromiss gefunden werden kann? Wie sieht der nächste Schritt von Seiten des Betriebsrates/der Mitarbeiter aus?
 
Uwe Theuerkauff: Die Mitarbeiter wissen jetzt, wie sich ein Streik anfühlt und sie wissen, das sie sich nicht ohnmächtig jede Gemeinheit gefallen lassen müssen. Und wenn dieser Ministreik nicht dazu geführt hat, dass die Heuschrecken endlich aufwachen, dann werden es beim nächsten Mal vielleicht drei oder vier oder fünf oder was weiß ich wie viele Streiktage sein.
 
Und dann wird man weder mit voraufgezeichneten Notsendungen oder extra eingekauften Streikbrechern das Programm aufrecht erhalten können. Und dann wird es für die Heuschrecken von KKR-Permira richtig teuer.
 
DIGITAL FERNSEHEN: War ein „schwarzer Bildschirm“ Ihre Absicht?
 
Uwe Theuerkauff: Ziel des Streiks war es nicht, in erster Linie einen „schwarzen Bildschirm“ zu verursachen. Wenn es so gekommen wäre, na gut …
 
Ziel des Streiks war es, Aufmerksamkeit für unsere berechtigten Interessen in der Öffentlichkeit zu wecken. Wir wollen eine faire soziale Absicherung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und das ist uns mit dem Streik der vergangenen zwei Tage auch gut gelungen, denke ich. Auch beim Arbeitgeber in München.
 
Es ist schade, aber leider wahr: Man muss diese unbarmherzigen Finanzhaie da packen, wo es ihnen weh tut, beim Geld. Alle inhaltlichen Diskussionen haben nichts gebracht und sind in den vergangenen Jahren gescheitert. Heuschrecken kennen halt nur ein Wort und das heißt „Maximalrendite“.
 
Und da Streiks akut das Programm und damit die Werbeeinnahmen gefährden, ist das das radikalste Mittel und leider das letzte Mittel, das uns geblieben ist.
Niemand hat hier gerne gestreikt, wir hätten viel lieber auf dem Verhandlungsweg einenKompromiss erzielt. So wie es all die Jahre vorher immer möglich war. Aber wenn es ga nicht anders geht, streiken die Kolleginnen und Kollegen auch. Und in den vergangenen zwei Tagen haben sie eindrucksvoll bewiesen: „Yes, we can !“
 
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Theuerkauff, vielen Dank für das Gespräch. [mw]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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19 Kommentare im Forum

  1. AW: Sat 1: "Moderatorinnen sahen zerzaust aus, weil die Maske im Ausstand war" Ich wünsche den sat.1 Mitarbeitern viel Glück und hoffe für sie, dass sie eine positive Bilanz verkünden können. Es ist schon heftig, wenn man mit Sack und Pack umziehen soll, weil die da oben die Taschen nicht voll bekommen.. Wie auch immer das Programm des Konzerns ist, die Mitarbeiter haben bestimmt schon genug damit zu tun, ihr Gewissen mit den teilweise so schlechten Sendungen zu vereinbaren. Wenn man eh schon teilweise trash produzieren muss und nun auch noch in den A...getreten bkommt dafür, ist das schon hart.
  2. AW: Sat 1: "Moderatorinnen sahen zerzaust aus, weil die Maske im Ausstand war" Hab gar nichts von dem Streik mitbekommen. Das Programm von SAT1 geht mir schon seit geraumer Zeit am Allerwertesten vorbei.
  3. AW: Sat 1: "Moderatorinnen sahen zerzaust aus, weil die Maske im Ausstand war" Viel Glück für die Mitarbeiter - Streiken bedeutet ja auch kein Geld, oder ziemlich wenig als Ersatz von einer Gewerkschaft (falls vorhanden). Geld regiert die Welt - die Aktie an sich ist die Wurzel allen Übels. Das ist so.........immer mehr Konzerne entstehen die rücksichtslos mit dem Teil Mensch umgehen. Unter dem Deckmantel der Globalisierung ist die Ausbeutung aus dem Mittelalter zurück gekommen. Aber das System wankt, die Finanzkrise ist noch lange nicht ausgestanden und auch die Firmen in der Medien Branche werden noch so manche böse Überraschung erleben.
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