Staffelt: „Premiere wird sich mit seinen Inhalten der Newscorp. angleichen“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Über die marktbeherrschende Stellung von Unternehmen im deutschen Pay-TV-Markt sprach DIGITAL FERNSEHEN mit der medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, Grietje Staffelt.

„Monopole haben in aller Regel für die Kundinnen und Kunden nur Nachteile“, so Staffelt im Interview. „Angebote werden nicht auf ihre Bedürfnisse und Wünsche zugeschnitten, sondern hauptsächlich auf das Ziel Gewinnmaximierung beim Anbieter abgestimmt“. Diese Situation werde im Falle Premiere noch verschärft, da der Mehrheitseigner von Premiere, Newscorp. von Rupert Murdoch, „nicht nur im deutschen Markt aktiv ist, sondern auch auf anderen wichtigen Medienmärkten stark präsent ist“, so die medienpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen.

DIGITAL FERNSEHEN: Frau Staffelt, wenn Sie den Pay-TV-Markt in Deutschland betrachten, wie sollte dieser gestaltet sein, damit alle Teilnehmer diskriminierungsfrei am Marktgeschehen teilnehmen können?
 
Grietje Staffelt: Grundsätzlich ist der deutsche TV-Markt schon so gestaltet, dass potentielle Marktteilnehmer am Wettbewerb um die Kunden teilnehmen können. Dies gilt natürlich auch für den Pay-TV-Sektor. Dass sich in diesem Bereich so wenig Anbieter bewegen, hat weniger mit der Regulierung oder gar einer Überregulierung zu tun, als vielmehr mit dem weitreichenden Angebot im Free-TV. Die frei empfangbaren Fernsehprogramme der privaten und besonders der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, scheinen den Markt und die Bedürfnisse so weit zu befriedigen, dass sich der Einstieg in den Pay-TV-Markt für Investoren kaum lohnt.
 
Im Sinne des Kunden und der Angebotsvielfalt wäre es natürlich zu begrüßen, wenn Premiere von einem ernstzunehmenden Konkurrenten unter Druck gesetzt würde. Es kann aber nicht die Aufgabe der Politik hier für einen entsprechenden Wettbewerber zu sorgen.
 
DF: Wie sieht aus Ihrer Sicht die Realität im Pay-TV-Markt in Deutschland aus?
 
Staffelt: Die Realität ist, dass Premiere als Monopolist keine ernstzunehmenden Wettbewerber auf dem deutschen Pay-TV-Markt hat. Der Versuch des Anbieters Arena, Premiere zumindest ansatzweise unter Konkurrenzdruck zu setzen, ist fehlgeschlagen. Die Entwicklung des Pay-Per-View-Angebotes über das Internet – T-Home und Maxdome seien hier nur als Beispiele genannt – ist trotz aggressiver Werbung noch nicht so weit im Markt etabliert, dass man von einer ernsthaften Konkurrenz reden könnte.
 
DF: Welche positiven wie negativen Auswirkungen ergeben sich Ihrer Einschätzung nach durch die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens im deutschen Pay-TV-Markt?
 
Staffelt: Es mir nicht ersichtlich, wie eine Marktbeherrschung durch einen Anbieter zu positiven Effekten führen kann. Monopole haben in aller Regel für die Kundinnen und Kunden nur Nachteile. Angebote werden nicht auf ihre Bedürfnisse und Wünsche zugeschnitten, sondern hauptsächlich auf das Ziel Gewinnmaximierung beim Anbieter abgestimmt.
 
Diese Situation wird im Falle Premiere noch dadurch verschärft, dass der Mehrheitseigner von Premiere, Newscorp. von Rupert Murdoch, nicht nur im deutschen Markt aktiv ist, sondern auch auf anderen wichtigen Medienmärkten stark präsent ist. Es ist schon von daher zu erwarten, dass Newscorp.-Angebote verstärkt in den deutschen Pay-TV-Markt gedrückt werden, um im Rahmen der Mehrfachverwertung Synergien wirtschaftlich zu nutzen.
 
Real dürfte sich Premiere dann mit seinen Paketen und Inhalten anderen Pay-TV-Sendern der Newscorp. angleichen. Auf den heimischen Markt und die Wünsche der hiesigen Kundinnen und Kunden bräuchte Murdochs Konzern dann nur noch bedingt einzugehen.
 
Dieses Quasi-Monopol für den deutschen Markt und die internationale Marktdurchdringung machen es neuen Anbietern extrem schwer, sich gegen Premiere zu positionieren. Das Fallbeispiel Arena wird allen potentiellen Wettbewerbern ein mahnendes Beispiel bleiben.
 
DF: Mit welchen Konsequenzen muss der Endkunde bei einem Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung rechnen?
 
Staffelt: Mit der aktuellen Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, dem Mehrheitseigner und Medienmogul Rupert Murdoch einen Ausbau seiner Beteiligung auf über 30 Prozent ohne ein Übernahmeangebot für die übrigen Anteilseigner zu erlauben, wird die Kontrolle des Pay-TV-Zaren über Premiere erleichtert. Rupert Murdoch kann nun geschäftspolitisch und inhaltlich, programmbezogen nach eigenem Gutdünken über Premiere verfügen.
 
DF: Welche Schritte müssten durch wen getan werden, damit es erst gar nicht zu einem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung kommen kann?
 
Staffelt: Zunächst einmal müsste es überhaupt zu einer Marktsituation kommen, die es den Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglicht, Produkte aus einer größeren Anzahl von Anbietern auswählen zu können. Darüber hinaus bedarf es natürlich starker Regulierungsinstitutionen auf dem Medienmarkt.
 
Deshalb haben wir uns immer dafür ausgesprochen, dass die Entscheidungen der KEK (Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich) – wie z.B. im Falle der geplanten Übernahme von Pro Sieben Sat 1 durch Axel Springer – verbindlich sein müssen. Des Weiteren ist das Kartellamt zu stärken, denn dieses prüft eine möglicherweise vorhandene Marktmacht. Hier muss die Ministererlaubnis abgeschafft werden. Prinzipiell soll das verständlicheProfitstreben eines Investors nicht zu nachteiligen Effekten für die Verbraucherinnen und Verbraucher führen.
 
DF: Frau Staffelt, vielen Dank für das Gespräch. [ar]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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12 Kommentare im Forum

  1. AW: Staffelt: "Premiere wird sich mit seinen Inhalten der Newscorp. angleichen" Wenn PREMIERE Gewinn macht, können wir gerne noch mal über angeblich marktbeherrschende Stellung reden.
  2. AW: Staffelt: "Premiere wird sich mit seinen Inhalten der Newscorp. angleichen" Genau dies war mein erster Gedanke. Um einen Gewinn maximieren zu können, sollte man erst mal einen Gewinn machen.
  3. AW: Staffelt: "Premiere wird sich mit seinen Inhalten der Newscorp. angleichen" irgendwie hab ich das Gefühl, da wissen einige schon mehr . Wenige Tage vor der alles entscheidenen HV prasseln hier im Minutentakt die Untergangszenarien über in sich geschlossene Receivermärkte und Panikmache ob eines medial alles fressenden Murdoch herein . Noch ist die 2. KE garnicht durchgewunken.
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