Aktionärsschützer sehen Chancen für Prospekthaftungsklage gegen Premiere

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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München – Auf der gestrigen außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Premiere AG gab es von Seiten der Aktionärsschützer heftige Kritik an der Geschäftspolitik des Unternehmens.

Vor allem Kleinanleger fühlen sich hintergangen, da das ehemalige Management Erwartungen geweckt habe, die sich als Seifenblasen herausstellten. Die Zahl der Abonnenten, mit denen die Pay-TV-Plattform agierte, steht dabei vor allem im Focus der Kritik. Aus diesem Grund unterhielt sich DIGITAL FERNSEHEN mit Daniel Bauer, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger e.V., der die Versammlung selbst beobachtet hat.

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Bauer, zahlreiche Kleinanleger sehen sich durch das abgelöste Management (Georg Kofler und Michael Börnicke) der Premiere AG getäuscht und fordern ihr Geld zurück. Können Sie den Standpunkt nachvollziehen? Worauf gründet sich deren Kritik?
 
Daniel Bauer: Die Kritik ist in unseren Augen absolut berechtigt. Die Premiere AG meldete am 02. Oktober 2008, dass in den letzten Jahren die Anzahl der Abonnenten stets zu hoch angegeben worden ist. Zum Ende des dritten Quartals 2008 mussten daher insgesamt 940 000 Abonnenten herausgerechnet werden, da deren Abonnements entweder bereits beendet worden waren oder diese nie Abonnenten waren, da die dazugehörigen Smartcards nie aktiviert worden sind.
 
Die Abonnentenzahlen und deren Wachstum waren jedoch die Grundlage der Börsenbewertung der Premiere AG, da diese ja die Umsätze und Gewinne von morgen darstellen. Gleichzeitig wurden von ehemaligen Vorständen Aktien im Wert von mehreren Millionen Euros verkauft zu Kursen, die auf Grundlage von falschen Abonnentenzahlen zustande gekommen sind.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Welche Chancen räumen Sie einer solchen Forderung ein?
 
Daniel Bauer: Die Chance, dass Geld wieder zurückzubekommen, ist durchaus gegeben. Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, eine Prospekthaftungsklage gegen die Gesellschaft einzureichen. Auch besteht die Möglichkeit, dass die Gesellschaft selbst die ehemaligen Organmitglieder in die Haftung nimmt. Dies ist bisher aber nicht geschehen, da der Gesellschaft angeblich ein Gutachten vorliegt, welches die Chancen für eine solche Organklage als sehr gering einschätzt. Das Gutachten ist jedoch nach Auskunft der Gesellschaft streng geheim und darf angeblich nicht veröffentlicht werden.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Die enttäuschten Kleinanleger haben angekündigt, den Beschluss zur Kapitalerhöhung anfechten zu wollen. Besitzt ein möglicher Antrag überhaupt reelle Chancen, durchzukommen?
 
Daniel Bauer: Über Wahrscheinlichkeiten von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen möchte ich eigentlich keine Auskunft geben, da man dies zunächst dem zuständigen Gericht überlassen sollte. Fakt ist jedoch, dass auf der gestrigen Hautpversammlung den Aktionären in keinster Weise erläutert wurde, für was genau die Mittel aus der Kapitalerhöhung verwendet werden sollen.
 
Nicht einmal in das von Ernst & Young erstellte Sanierungsgutachten wurde den Aktionären Einsicht gewährt. Dem Großaktionär Murdoch liegt dies jedoch im Gegensatz dazu vor. Auch werden den Aktionären nicht die selben Rechte beim Überbezug gewährt. Würde ein Aktionär mehr bezahlen als Murdoch für die nicht durch Bezugsrechte bezogenen Aktien, so kann er zwar einen Preis X nennen, zu dem er diese beziehen würde, jedoch hätte Murdoch dann das Recht, alle Aktien bevorrechtigt zu beziehen, solange er den selben Preis zu zahlen bereit ist.
 
Dies alles hat mit einer Gleichbehandlung von Aktionären nichts mehr zu tun.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Würde eine Klage gegen die Amtsführung der Premiere AG unter den Vorstandsvorsitzenen Kofler und Börnicke Auswirkungen auf die derzeitige Geschäftspolitik der Premiere AG haben?
 
Daniel Bauer: Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass dies Auswirkungen auf das operative Geschäft der Gesellschaft haben könnte.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Das Management der Premiere AG wies darauf hin, dass es Absprachen mit den Banken gibt, wonach die Kapitalerhöhung im ersten Halbjahr 2009 über die Bühne gehen muss. Welche Risiken ergeben sich für die Premiere AG aus einer möglichen Anfechtung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung?
 
Daniel Bauer: Die Gesellschaft hat auf der gestrigen Hauptversammlung erklärt, dass der Premiere AG im Laufe der nächsten Monate die liquiden Mittel ausgehen könnten. Es könnte im schlimmsten Fall also zu einer Insolvenz kommen. Auch könnte die fehlende Kapitalerhöhung zu Problemen mit den erst kürzlich erwobenen Bundesligarechten führen, da eventuell die dafür nötige Bankgarantie hinfällig werden könnte.
 
Was von diesen Punkten nun auch ein realistisches Szenario ist, kann von einem Außenstehenden nicht beurteilt werden. Es kann gut sein, dass dies nur als Druckmittel der Gesellschaft verwendet wird, um Klagen gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung zu verhindern. Genaues weiß man nicht, da einem ja der Zugang zu jeglichen Gutachten verwehrt wird.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Was würden Sie Anlegern in Medienaktien generell raten? Womit müssen diese bei einem Engagement in Medienaktien rechnen?
 
Daniel Bauer: Die Medienbranche beherrscht die Außendarstellung perfekt. Man sollte sich daher vor allemnicht von den vollmundigen Versprechungen der handelnden Personen und den immer wieder gern gezeigten bunten Bildchen „einlullen“ lassen, sondern viel mehr auf fundamentale Kennzahlen schauen. Generell ist die Branche für Investoren extrem schwierig zu bewerten.
 
Vor allem in Deutschland, da hier auch der Staat mit seinen Rundfunkprogrammen und allem was dazu gehört kräftig mitmischt und für viel Konkurrenz sorgt.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Können Sie Kleinanlegern guten Gewissens raten, derzeit Aktien der Premiere AG zu zeichnen?
 
Daniel Bauer: So wie sich die Gesellschaft gestern auf der Hauptversammlung präsentiert hat, sicherlich nicht.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Bauer, vielen Dank für das Gespräch![mg]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

15 Kommentare im Forum

  1. AW: Aktionärsschützer sehen Chancen für Prospekthaftungsklage gegen Premiere Wer kein Risiko eingehen will, sollte nicht mit Aktien spielen. Allein ein Blick in dieses Forum hätte genügt um zu erkennen, das bei Premiere nichts so läuft wie es versprochen wird. Früher nicht, jetzt nicht und auch in der Zukunft nicht!
  2. AW: Aktionärsschützer sehen Chancen für Prospekthaftungsklage gegen Premiere es wundert mich das auch noch niemand auf die idee kam die alte führung wegen der 3 jahre offenen verschlüsselung zu verklagen (wäre das eigentlich möglich?). es wurde doch definitiv nur im letzten jahr halbherzig etwas getan um den laden dicht zu bekommen. seit dem kartentausch ist ja erst mal das problem gelöst. aber kann man es nicht mit nem unverschlossenen supermarkt vergleichen? der inhaber würde doch sofort handeln wenn er feststellt das sein laden auf ist und alle die wollen sich bedienen. bei premiere war das nicht der fall, im gegenteil. koffler hat bei seinem abgang noch den richtig fetten reibach gemacht, obwohl der laden offen war wie eine scheune.
  3. AW: Aktionärsschützer sehen Chancen für Prospekthaftungsklage gegen Premiere Mal so sagen: der Supermarkt war nicht offen, die Alarm- oder Überwachungsanlage war wieder kaputt und kein Geld für eine neue da. Schließlich hat man schon mal eine neue eingebaut und von 1,5 Mio Neukunden geträumt.
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