Tom Buhrow: Rundfunk-Revolution in der Paralleldimension

Ein Kommentar von Richard W. Schaber

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Tom Buhrow WDR © WDR/Herby Sachs
Wagt sich aufgrund recht seiner komfortablen Position des zurückgekommenen Interims-ARD-Vorsitzenden aus der Deckung und spricht viele bislang undenkbare Einschnitte in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie wir ihn kennen, an: Tom Buhrow. © WDR/Herby Sachs

Mit den jüngsten Skandalen beim RBB und NDR drohten die anderen Anstalten in Sippenhaft zu geraten und der Beton um die unangefochtene Sonderstellung öffentlich-rechtlichen Anstalten bröckelt zunehmend. Nun spricht ARD-Interimschef Tom Buhrow von Reformen.

Die Springer-Presse treibt die Öffentlich-Rechtlichen nach den letzten PR-Gaus bei NDR und RBB vor sich her – und bevor die Stimmung vollends kippt, macht Rekordgehalt-Intendant Tom Buhrow nun einen öffentlichen Vorstoß zu radikaler Reformbereitschaft bei den Rundfunkanstalten. Allerdings wirken manche Statements des WDR-Chefs, als würde man bei der ARD in einer völlig anderen Zeit leben.

Zum entzündeten Kropf des öffentlich-rechtlichen Hausstands mit zahlreichen Rundfunk-Chören und Orchestern fragt Buhrow so naiv: „Wollen die Beitragszahler das? Wollen sie es in dieser Größenordnung?“ – als wäre die Antwort darauf nicht klar: Diese Aufgebote interessieren die meisten Zwangszahler nicht, höchstwahrscheinlich wissen sie nicht mal, was alles von ihrem Rundfunkbeitrag mitfinanziert werden muss. Auch will sicher keiner für dreihunderttausend unterschiedliche Provinzkrimi-Formate von Friesland bis zum Bodensee bezahlen, der sie niemals anschaut. 

Die Medienlandschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten drastisch verändert und wird mittlerweile stark von privaten Angeboten mitbestimmt, aus denen Verbraucher frei wählen können – ein schonungsloser Diskurs über die fürstliche öffentliche Finanzierung endloser Programme von Nachrichten über Kultur bis hin zu Klamauk ist also peinlichst überfällig und kein visionärer Vorstoß. Wenn es lichterloh brennt hat das bedeutungsschwangere Schnuppern nach Rauch schließlich auch nichts prophetisches an sich. Es ist bestenfalls ein Aufholrennen mit der Realität.

The Future is Now, Tom Buhrow!

Im Jahre 2030 könne es eine große gemeinsame öffentlich-rechtliche Mediathek geben, orakelt Tom Buhrow bereits vor einiger Zeit- als ob das übermorgen wäre und eine auch nur halbwegs akzeptable Reaktionsgeschwindgkeit auf die Veränderungen im medialen Gesamtkosmos. Die nächste Prophezeiung des WDR-Intendanten lautet nun: “Deutschland wird in 20 Jahren nicht mehr alle öffentlich-rechtlichen Sender finanzieren wollen.” – und schon wieder fühlt man sich, als empfange man Nachrichten aus einem Knick im Raumzeit-Gefüge, in dem die Vordenker der Öffentlich-Rechtlichen wohnen. Schließlich könnte einem großen Teil der Beitragszahler schon heute wohl das Gros sämtlicher öffentlich-rechtlichen Sender, Programme und Angebote getrost gestohlen bleiben.

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  • Tom_Buhrow: © WDR/Herby Sachs

2 Kommentare im Forum

  1. Wie Böhmermann schon sagte. 9 Jahre als Intendant der grössten ARD Landesanstalt hatte Buhrow Zeit Reformen anzustossen / zu diskutieren und 2 Monate vor seiner Pensionierung fällt es ihm plötzlich ein.
  2. Was soll der Satz??? Ich schaue Alle diese Serien und möchte auf KEINER davon verzichten. Lieber kann man auf die Politiksendungen verzichten. Aber ihr seht: Ich schau das gern an, andere wieder was anderes. Deshalb muss von allen etwas dabei sein. Ich bin auch großer SOKO-Fan. Und möchte auch auf keine SOKO verzichten.
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