Betrugs-Bilanz im Fernsehen

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Jan Böhmermann hat mit der Geschichte rund um Yanis Varoufakis einen echten Coup gelandet, doch Betrug im Fernsehen ist kein neues Thema, im Gegenteil: Das hat es in der Geschichte des Rundfunks schon immer gegeben. Ständig fallen Menschen auf gut inszenierte Fakes herein – und werden es sicher auch in Zukunft tun.

Jan Böhmermann ist ein raffinierter Satiriker, der sein Handwerk beherrscht. Doch schon vor ihm haben Generationen von Entertainern, angefangen im Hörfunk, dann zumeist im Fernsehen die große Kunst verstanden, mit einfachen, aber genialen Bluffs Massen von Menschen zu täuschen. Hier einige Beispiele:
 
Orson Welles: Am 30. Oktober 1938 lehrte das Multigeniedie Amerikaner das Gruseln. Kurz nach 20.00 Uhr verkündete ein Sprecherin einer von Welles inszenierten gefälschten Live-Sendung, einRaumschiff sei in New Jersey niedergegangen. Außerirdische, mitTodesstrahlen bewaffnet, seien ihm entstiegen. Die Auswirkungen derInszenierung auf die Zuhörer waren unglaublich: HunderttausendeAmerikaner flüchteten aus ihren Häusern. Die hohe Glaubwürdigkeit, diesich das Radio verschafft hatte, schürte die Massenpanik.

Das Millionenspiel: Im Oktober 1970 sorgte Autor Wolfgang Menge in der ARD für Furore. In der Sendung „Millionenspiel“ ging es um Geld oder Leben. Dort traten angeblich Freiwillige an, die jeweils sieben Tage lang auf der Flucht sind, um an den Hauptpreis von einer Million Mark zu gelangen. Millionen erlebten, wie Bernhard Lotz, gespielt von Jörg Pleva, von Killern verfolgt wurde und vermeintlich um sein Leben lief. Ein Fernsehspiel, eine Inszenierung – doch viele hielten das Stück für echt und protestierten am Telefon. Noch Tage nach der Ausstrahlung bewarben sich Menschen um eine Teilnahme.
 
Hape Kerkeling: Im Jahre 1991 legte der Spaßmacher ein Konzertpublikum im niedersächsischen Städtchen Stuhr rein. Als polnischer Tenor verkleidet, brachte der damals noch blutjunge Kerkeling mit seinem Klavierpartner Achim Hagemann ein Ständchen experimenteller Musik mit dem Text: „Der Wolf, das Lamm auf der grünen Wiese. Hurz! Und das Lamm schrie Hurz!“ Die Bildungsbürger wunderten sich, ahnten aber nichts. Kerkelings Show „Total normal“ hatte einen ihrer berühmtesten Beiträge im Kasten.
 
Private Life Show: Ausgerechnet der kleine Saarländische Rundfunk erregte 1995 Aufsehen mit der Sendung, in der zwei Kandidaten – in Wahrheit Schauspieler – vor der Kamera von ihren Eheproblemen berichteten. Wer am „ehrlichsten“ wirkte, sollte vom Studiopublikum per Tastendruck den größten Geldbetrag erhalten. Tausende forderten beim Sender, dem „hemmungslosen Seelenstriptease“ ein Ende zu bereiten. Doch die „Live-Show“ war nur Show, um der privaten Konkurrenz und ihren täglichen Talks die Grenzen aufzuzeigen.

The Big Donor Show: Die Ideenschmiede Holland ist auch immer mal wieder für große Bluffs gut. Im Jahr 2007 produzierte die Firma Endemol „Die große Organ-Spende-Show“. Kurz vor Ende der Sendung enttarnte Show-Master Patrick Lodiers den vermeintlichen Wettstreit um eine Spenderniere als geschickte Inszenierung. Spenderin „Lisa“ war gar nicht nicht todkrank, sondern hatte dies nur vorgegeben. Die drei Kandidaten waren allerdings wirklich Patienten, die auf eine Spenderniere warteten. Die Show löste starke Proteste aus.
 
Michael Born: Anfang der 90er Jahre machte ein junger Filmemacher mit interessanten Dokumentationen und Reportagen auf sich aufmerksam: Michael Born. Einige seiner Filme stellten sich jedoch als gefälscht heraus. Unter anderem traf es die Redaktion von „Stern TV“ (RTL), damals verantwortet von Günther Jauch. Dort platzierte er einen Film über ein angebliches Ku-Klux-Klan-Treffen in der Eifel, das er jedoch mit Freunden nachgestellt hatte. Gegen Born wurde ein Prozess eröffnet, er erhielt eine Gefängnisstrafe.
 
Buntstift-Wette: Der ewige Klassiker beim Thema TV-Betrug. Bernd Fritz, zu dem Zeitpunkt Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“, trieb 1988 seinen Schabernack mit Thomas Gottschalk und dem „Wetten, dass..?“-Publikum. Er gab vor, 50 Buntstifte am Geschmack unterscheiden zu können. Zur Verblüffung aller löste Fritz seine Aufgabe. In Wahrheit lugte er unter seiner Augenklappe vor und schummelte hochgradig. Als der Schwindel aufflog, hatte die noch junge Show „Wetten, dass..?“ ihren ersten Kratzer weg.

Die jungen Wilden: TV-Formate wie „Verstehen Sie Spaß?“ oder „Vorsicht, Kamera!“ leben seit Jahrzehnten von der Verlade-Technik. Ein typisches Beispiel, akribisch vorbereitet, war ein „Vorsicht Kamera“-Beitrag Anfang der 90er Jahre auf Sat.1, als viele prominente Ehrengäste zur Vernissage in eine schicke Hamburger Galerie geladen wurden. Junge, wilde Kunst wurde angekündigt, die farbenfrohen Bilder kosteten tausende von Mark, Experten, auch von der Hamburger Kunsthalle, rühmten die „Frische“ der Motive. Gemalt waren die Bilder indes von Affen aus Angola.
 
Stefan Raab: Spaßmacher wie Harald Schmidt, Joko & Klaas, Oliver Pocher oder Stefan Raab hat es immer wieder gejuckt, ihr Publikum hinters Licht zu führen. Entertainer Raab begrüßte in einer „TV Total“-Ausgabe 2013 nacheinander Stars wie Nelly Furtado, Rihanna, Dave Gahan, Til Schweiger, Udo Lindenberg, Bully Herbig, Motörhead, Herbert Grönemeyer, Jan Delay, Norah Jones, Die Toten Hosen, The Scorpions, Bushido und David Hasselhoff. In Wirklichkeit handelte es sich nur um einen technisch gut gemachten Zusammenschnitt, bei dem Raab immer die gleichen Klamotten trug. [Carsten Rave/kw]

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