„Störsender“-Initiative läuft gegen BR-Kulturreform Sturm – Anstalt versteht es nicht

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BR Gebäude; © Bayerischer Rundfunk
© Bayerischer Rundfunk

Rund 200 Menschen haben vor dem Hochhaus des Bayerischen Rundfunks (BR) in München gegen eine geplante Programmreform des Senders im Kulturbereich demonstriert.

Die Initiatoren werfen der öffentlich-rechtlichen Anstalt vor, dass mit der Reform im kommenden Jahr „mehrere Stunden eigenständiges Kulturprogramm“ verschwinden sollen.

„Störsender“-Initiative hat prominente Unterstützer

katja wildermuth nach wahl zur br-intendantin
Hat eine gänzlich andere Sicht der Dinge: Intendantin Katja Wildermuth. © BR/Markus Konvalin

So steht es in einem offenen Brief der Initiative „Störsender“ an den BR, unterschrieben unter anderem von Konstantin Wecker, Michael Mittermeier oder Doris Dörrie. Auch aus den Oppositionsfraktionen im Landtag kam zuletzt Kritik an dem Reformvorhaben.

Der BR spricht selbst von einer geplanten „Kulturoffensive“ und will so mehr Menschen in Bayern mit Kulturinhalten erreichen. Intendantin Katja Wildermuth stellte sich gegen „vermeintliche Kürzungen“ und forderte „einen klaren Blick auf die Fakten“. So sollen Kulturinhalte unter anderem auf eine neue werktägliche Sendestrecke von 14 bis 16 Uhr verlegt werden – und damit nach Angaben des Senders bis zu siebenmal mehr Hörerinnen und Hörer erreichen.

BR sieht keine Kürzungen, sondern Offensive

„Ziel der Programmreform ist es, die Kulturinhalte von wenig genutzten Randplätzen und dem Wochenende in die Kernzeit des Hörfunks zu heben“, hieß es in einem Statement von vergangener Woche. Auch solle sich der Fokus künftig mehr auf den Freistaat konzentrieren.

Im Oktober sollen Details der Programmreform in einer erweiterten Sitzung des Programmausschusses den Aufsichtsgremien des BR vorgestellt werden.

Bildquelle:

  • wildermuth: BR/Markus Konvalin
  • BR_Gebaeude_2: © Bayerischer Rundfunk

12 Kommentare im Forum

  1. Es sind eher meist die Leute die Demokratiefeindliche, komische, befremdliche und verstörende Ansichten haben und meinen nicht genug in den Öffis repräsentiert zu sein bzw. nicht Dauerhochgejubelt werden.
  2. In diesem Fall aber nicht. Es geht um die befürchtete Kulturvernichtung im BR-Hörfunk. Mit Bayern 2, dem wohl bislang noch ARD-weit (!!!) wertvollsten und "vollständigsten" Vollprogramms im besten Sinne steht aber auch wirklich viel auf dem Spiel. Der Protest hat schon so etwas wie ein begründetes Fundament: Einsparpläne beim Kultursender Bayern 2: Kahlschlag bei der Kultur Kultursendungen auf Bayern 2: Angst vor dem Kahlschlag BR-Kulturredaktion befürchtet "Kahlschlag" bei Bayern 2 - DWDL.de Kahlschlag bei Bayern 2? Es sind in diesem Fall also Menschen, die den Erhalt der Grundwerte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordern und nicht Menschen, die gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf die Straße gehen. Es sind genau die, die Bayern 2 derzeit noch als Publikum hat und die befürchten, künftig nicht mehr in der gewohnten Qualität versorgt zu werden. Die ARD bzw. in diesem Fall der BR täte gut daran, das auch als das zu sehen, was es ist: eine Forderung nach Erhalt öffentlich-rechtlicher Werte, von Menschen vorgebracht, die zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk stehen. Aber beim BR geht es derzeit sowieso irre her, man legt Hand an die kulturelle Grundsubstanz. Der sogenannte "Studiobau" des Bayerischen Rundfunks an der Marsstraße in der Münchner Innenstadt ist bedroht. Der Studiobau wurde für den Hörfunk des BR konzipiert und errichtet, mit allem, was die junge Bundesrepublik sich im Hörfunk wünschte. Es gab / gibt Säle für aufwendige Aufnahmen mit Orchestern, diese Säle eignen sich auch für Publikumsbetrieb, öffneten sich also direkt für die Bevölkerung zu bestimmten Anlässen. Damit war / ist der Studiobau auch Bestandteil der Münchner Kulturszene und des gesellschaftlichen Lebens in München. Es gab / gibt größere Aufnahmestudios für klassische Rundfunk-(Live-)-Sendungen in großer Besetzung: sowas wie "Gesprächsrunde mit einem halben Dutzend Expert*innen, dazu kleiner Chor und jemand am Klavier" als Live-Radiosendung gab es noch bis vor wenigen Jahren regelmäßig auf BR Klassik. Diese Studios wurden natürlich auch für Hörspielproduktion genutzt. Bautechnisch überaus aufwendig, Haus-im-Haus, die Publikumsstudios ruhen auf Spiralfedern. Es werden teils Erinnerungen an den wertvollen Block B des Rundfunks der DDR in der Ostberliner Nalepastraße geweckt, wo man auch Haus-im-Haus baute. Nur ist in München alles sachlicher, moderner, weniger verschnörkelt, was die Innenarchitektur betrifft. Das ist das Gebäude: Geschichte des BR-Studiobaus: Dem guten Ton ein Haus gebaut | BR.de Der BR-Studiobau in München: Dem guten Ton ein Haus gebaut | BR.de Bemerkenswerte Rede zur Eröffnung - heute im Zeitalter der rein finanziell bewerteten, sozialethisch aber zunehmend im freien Fall befindlichen Medien undenkbar: https://cdn-storage.br.de/MUJIuUOVBwQIbtCCBLzGiLC1uwQoNA4p_2ZS/_-TS/_2Fc5A8G5U1S/0ba0fc5d-bf9e-462b-b188-731d0bac8324_HD.mp4 Und - passend zum Zeitgeist - dieses Gebäude soll aufgegeben und abgerissen werden. Ja, richtig: abgerissen. Man kann es sich als psychisch halbwegs gesunder Mensch nicht vorstellen, aber der BR will seine / diese Kulturstätte vernichten - in Zeiten zunehmender kultureller und sozialethischer Verwarlosung in der Gesellschaft. Legendäre Studiobauten des BR sollen abgerissen werden Bayerischer Rundfunk: Künstler fordern Erhalt von Studiobau Leserbriefe: Abriss der BR-Studios wäre grober bayerischer Unfug Studiobau beim BR in München: Abriss oder Rettung? BR hält an Abrissplänen für sein legendäres Funkhaus in München fest München: BR-Studiobau soll fallen Rundfunk: Abriss total Irgendwie fehlen zumindest mir da nur noch die Worte. Das ist kulturelle Substanz und dazu noch "Volkseigentum", denn es steckt massiv Rundfunkgebühr drin. Sowas reißt man genauso wenig ab wie eine andere historische Kulturstätte - zumal man dort von der Bausubstanz her erstklassige Produktionsbedingungen hat, die man sonst nirgendwo mehr so wiederherstellen kann.
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