Die Technik hinter der Tiefenstaffelung

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Die Technik hinter der Tiefenstaffelung, Seite 2

Natürlich vs. künstlich

Die künstliche Variante

Speziell in der Popularmusik hat sich die nahe Aufnahme der Instrumente in akustisch trockenen Räumen etabliert. Dieser Umstand und der, dass weitestgehend nah mikrofoniert wird, fallen natürliche Nachhallzeiten und damit die entsprechende Tiefenwirkung weg. Hier muss die räumliche Umgebung künstlich rekonstruiert werden. Die Verteilung der Signale auf Horizontaler Ebene ist dabei eine der leichteren Aufgaben. Hierfür steht ein Panoramaregler, ähnlich dem Balance-Regler an der heimischen Stereo-Anlage zur Verfügung. So gestaffelt, scheinen jedoch die Instrumente alle direkt auf Höhe der Lautsprecher, wirken dicht gedrängt und überdecken sich zum großen Teil. Damit entsteht ein intransparenter und undurchhörbarer Soundbrei.
 
Um künstliche Tiefe zu erzeugen, ist also das Schaffen artifizieller Räume notwendig und die geschickte Verteilung der Instrumente darin ist ausschlaggebend über die erzielte Tiefenwirkung. Dies ist jedoch deutlich schwieriger zu realisieren als eine einfache Stereo-Mikrofonierung. Wichtig hierfür ist es, Basiswissen über die Ausbreitung von Schall im Raum zu besitzen. Einer der wichtigsten Faktoren für die Lokalisation sind hierbei die ersten am Ohr eintreffenden Reflexionen (die sogenannten Early Reflections). Deren Anteil und die zeitliche Differenz ihres Eintreffens zum Direktschall spielen eine entscheidende Rolle dabei, in welcher Entfernung wir eine Schallquelle verorten. Ausschlaggebend, wie sich der Klang verhält, sind natürlich auch Größe und Materialbeschaffenheit des künstlichen Raums. Diese Parameter können mit etwas Erfahrung an einem Halleffektgerät so eingestellt werden, dass die gewünschte Tiefenwirkung entsteht.
 
Darüber hinaus ist auch der Einfluss des Übertragungsmediums, in unserem Falle der Luft, nicht zu vernachlässigen. Sie transportiert tiefe Frequenzen weitgehend unberührt, dämpft jedoch hohe Frequenzen ab. Somit sinkt über lange Strecken hinweg der Anteil hoher Frequenzen und mit zunehmender Entfernung wird das Signal stetig dumpfer. Mit dem Wissen um all diese Effekte und viel Fingerspitzengefühl in deren Anwendung können so entweder realistisch klingende Umgebungen oder atmosphärische Weiten geschaffen werden. Diese reichen weit über den Tiefenhorizont unserer Stereo-Lautsprecher hinaus und lassen uns glauben, Klangereignisse würden sogar jenseits des Hörraumes stattfinden.

(Tobias Häußler)

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