Geschichte des Hörrundfunks: Von der Modetorheit zur digitalen Wirklichkeit

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Radio UKW Bild: © jakkapan - Fotolia.com
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Nürnberg – Am 29. Oktober 1923 wurde in Deutschland „erstmalig Mitteilung gemacht, dass der Unterhaltungs-Rundfunk mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlos-telefonischem Wege beginnt“.

Die „Modetorheit Rundfunk“ nahm im Berliner Vox-Haus ihren Anfang und entwickelte sich nach einem zögernden Start zum absoluten Renner. Das berichtet die Gesellschaft für Unterhaltungs und Kommunikationselektronik (gfu). Demnach gab es zum Start nicht einen einzigen, so waren es 1923 zum Jahresende 467 zahlende Hörer. Zum 1. Januar 1925 waren 500 000 Hörer registriert und zum Jahresende 1925 wurde schon die Millionengrenze überschritten.

Parallel zur Hörerentwicklung vergrößerte sich auch die Zahl der Rundfunkanstalten sprunghaft: Bereits 1924 gestalteten Sender in Leipzig, München, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart, Breslau, Königsberg und Münster eigene Programme. Als erster zentraler Sender des Reiches entstand 1926 die Deutsche Welle. Ebenfalls 1926 gab sich der deutsche Rundfunk unter seiner Dachorganisation, der Reichs-Rundfunkgesellschaft (RRG), öffentlich-rechtlichen Charakter.
 
Ab 1932 griff die Politik drastisch in das Geschehen ein und 1933 begann der Volksempfänger seinen Siegeszug. 1934 waren fünf Millionen Hörer registriert. Das Radio-Publikum erhöhte sich bis 1943 auf 16 Millionen. Diese Hörerzahl wurde nach dem Krieg erst Ende der sechziger Jahre wieder erreicht. 1945 eröffneten unter Aufsicht der Besatzungsmächte wieder die ersten Rundfunk-Stationen neu. 1948 gingen diese als Landesrundfunkanstalten des öffentlichen Rechts in deutsche Obhut über. Die Funkhoheit blieb allerdings in Deutschland bis 1955 und für Berlin bis 1958bei den Siegermächten.
 
Ab 1949 wurde die Ultra-Kurzwelle (UKW) für die Rundfunk-Versorgung einbezogen. Dies bescherte dem Radio einen Qualitätssprung mit deutlich besserer Klangqualität. Die Übertragung mittels UKW verwendet die so genannte Frequenzmodulation (FM), die gegenüber der bis dahin ausschließlich verwendeten Amplituden-Modulation (AM) auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle die Radiosignale mit weniger Störungen und besserem Frequenzgang überträgt.
 
Seit 45 Jahren, vom 30. August 1963 an, gibt es in der Bundesrepublik stereophonen Hörfunk. Die Stereophonie überträgt zwei nach links und rechts getrennte Tonsignale für eine bessere räumlich Ortung der Schallquellen. Die offizielle Einführung des Stereotons beim UKW-Radio erfolgte – wie viele andere wichtige Entwicklungen – zur Funkausstellung 1963 in Berlin. Übertragen wurde ein Eröffnungskonzert aus dem Großen Sendesaal im Haus des Rundfunks in Berlin.
 
Wie in allen Sparten der Consumer Electronics, entwickelte sich auch der Stereo-Rundfunk rasant weiter. 1972 gab es erste Versuche mit der Verkehrsfunk-Senderkennung, dem Vorläufer des heutigen TMC (Traffic Message Channel), mit dessen Hilfe Navigationsgeräte Autofahrern bei Staus alternative Routen empfehlen.
 
1973 feierte der Hörfunk bereits sein 50-jähriges Jubiläum und auf der IFA gab es Vorführungen mit Kunstkopfstereophonie. 1979 wurden Pläne zur Neuordnung des Rundfunks vorgestellt, die erstmals auch private Rundfunk-Betreiber vorsahen. 1980 begannen die Versuche zur Radioausstrahlung mit digitaler Codierung. 1982 erlebte der digitale Satelliten-Hörfunk seine Premiere. Die ersten privaten Radioprogramme waren 1984 Bestandteil der Kabel-Pilotprojekte. Seit 1988 kann der Zuhörer auch sehen, was er hört: Das Radio-Daten-System RDS macht es möglich. Später kam der Radiotext hinzu. So bieten kurze Laufschriften auf dem Display des Empfängers zusätzliche Informationen für den Hörer.
 
Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es neben den analogen Ausstrahlungen auch digitales Radio – terrestrisch, über Satellit und im Kabel. In den letzten Jahren wurde auch die Hörfunk-Verbreitung über das Internet immer beliebter. Ein wachsendes Angebot Internet-tauglicher Empfänger bringt tausende von Radiostationen aus aller Welt zu Gehör. Der Ablösung der analogen Übertragung durch die moderne Digitaltechnik, mit wesentlich mehr Möglichkeiten und vielen Vorteilen, steht bislang allerdings unter anderem die hohe Ausstattungsrate der Haushalte mit analogen Empfängern entgegen. Mehr als 200 Millionen Radiogeräte sind in Deutschland in Gebrauch – vom Taschenradio im Handy über das Küchenradio, den Radiorecorder, den Radiowecker und das Radio im Auto bis hin zur High End-Soundanlage im Wohnzimmer.
 
Aktuell werden pro Jahr rund acht Millionen Radiogeräte unterschiedlichster Ausstattung verkauft und die Bürger in Deutschland hören im Schnitt 186 Minuten pro Tag Radio – die einstige „Modetorheit“ erfreut sich nach wie vor einer großen Beliebtheit – trotz der „goldenen Radioregeln“ von damals. [cg]

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7 Kommentare im Forum

  1. AW: Geschichte des Hörrundfunks: Von der Modetorheit zur digitalen Wirklichkeit Schade ist nur, das Radio an Qualität sehr eingebüßt hat. Die meisten Radiosender sind doch einfach nur noch Abspielstationen, die ihre Rotations ablaufen lassen. Einen Musikredakteur spart man sich, man hat ja Kollege Maschine. Wortbeiträge werden auf ein Minimum reduziert, Call-in-Aktionen wie z.B. Geräuschraten, manipulierbare Gewinnspiele sollen Anrufe auf teure Servicenummern generieren. Vorproduzierte, vollautomatisierte Sendeabläufe lassen RAdio zum seelenlosen Dudelfunk verkommen. Bis auf ganz wenige Ausnahmen....
  2. AW: Geschichte des Hörrundfunks: Von der Modetorheit zur digitalen Wirklichkeit Dazu sind die Wortbeiträge meist noch absolut schlecht recherchiert oder schlimmstenfalls sogar falsch. Oder noch schlimmer getarnte Werbung... Ich würde Deinen "Dudelfunk" durch "Dummfunk" ersetzen, sonst stimme ich Dir vorbehaltlos zu.
  3. AW: Geschichte des Hörrundfunks: Von der Modetorheit zur digitalen Wirklichkeit Die Wortbeiträge müssen ja auch nicht recherchiert werden. Entweder man übernimmt fertige Wortbeiträge/Interviews von externen Dienstleistern (Audioetage) und lässt den "Moderator" der Sendung zwischendurch so tun als führt er das Interview selbst und man spielt nur die Antworten des "Gesprächspartners" ein oder man lässt ihn was aus dem dpa-Ticker vorlesen.
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