ESC als Politikum: Russische Teilnehmerin darf nicht einreisen

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Die jüngste politische Entwicklung in Osteuropa hat nun auch Auswirkungen auf den Eurovision Song Contest (ESC): Der ukrainische Geheimdienst verbietet der russischen Teilnehmerin die Einreise.

Der ukrainische Geheimdienst SBU hat der russischen ESC-Teilnehmerin Julia Samoilowa die Einreise verboten. Dadurch kann die 27-jährige Sängerin voraussichtlich nicht beim Eurovision Song Contest (ESC) Mitte Mai in Kiew auftreten. Sie dürfe für drei Jahre nicht in die Ukraine einreisen, sagte Geheimdienstsprecherin Jelena Gitljanskaja der Agentur Interfax zufolge am Mittwoch. Die Entscheidung sei aufgrund von früheren Verstößen gegen ukrainische Gesetze getroffen worden. Anlass ist ein aus Kiewer Sicht illegaler Auftritt der Sängerin auf der Halbinsel Krim, die Russland 2014 annektiert hatte.

Die Sängerin im Rollstuhl ist im Juni 2015 in der Stadt Kertsch auf der Krim aufgetreten. Reisen auf die Halbinsel über Russland sind seit der Annexion aber von ukrainischer Seite verboten und werden mit einer mehrjährigen Einreisesperre geahndet. Der früher als Grand Prix bekannte ESC soll laut Statuten unpolitisch sein. Die Halbfinale des ESC 2017 finden am 9. und 11. Mai in der ukrainischen Hauptstadt Kiew statt, das Finale am 13. Mai, unter anderem mit der deutschen Teilnehmerin Isabella Levina Lueen.
 
Die Veranstalter kündigten an, die Situation genau zu beobachten. Man wolle doch eine Lösung finden, damit Samoilowa an dem Wettbewerb teilnehmen könne, sagte der Sprecher der European Broadcasting Union, Dave Goodman, der Agentur Tass.
 
Die Entscheidung dürfte das ohnehin seit Jahren schwer beschädigte Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine weiter belasten. Das Außenministerium in Moskau kritisierte den Schritt umgehend. „Das ist ein weiterer empörender, zynischer und unmenschlicher Akt der Kiewer Behörden“, sagte Vizeaußenminister Grigori Karassin.
 
Kritiker in Russland hatten bereits einen Boykott des ESC gefordert, sollte ihrer Sängerin die Einreise verboten werden. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte solche Forderungen am Dienstag abgelehnt. Doch verfolge der Kreml die Entwicklungen genau, hatte er gesagt.
 
Der frühere Kulturminister Michail Schwydkoj verurteilte die Entscheidung der Ukraine als Fehler und Dummheit. „Wenn ein Land einen internationalen Wettbewerb ausrichtet, muss es auch den Teilnehmern Zugang verschaffen“, forderte er.
 
Der präsidentennahe Kiewer Politologe Taras Beresowez kommentierte auf Facebook: „Das Gesetz hat triumphiert. Julia Samoilowa ist bestraft. So wird es mit jedem sein, der die Normen des ukrainischen und internationalen Rechts missachtet. Die Krim gehört zur Ukraine!“
 
Die Stimmung zwischen Moskau und Kiew ist seit 2014 schlecht. Die Einverleibung der Krim und der Krieg zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten im Donbass belasten die Beziehungen massiv. Beide Seiten haben sich gegenseitig mit Sanktionen überzogen. Unter anderem gibt es keine direkten Flugverbindungen mehr zwischen den beiden kulturell, wirtschaftlich und historisch eng mit einander verbundenen Nachbarstaaten.
 
Samoilowa leidet an einer seltenen Erkrankung. Seit ihrer Kindheit sitzt sie im Rollstuhl. Sie wurde 2013 als Teilnehmerin einer russischen TV-Show bekannt und sang bei der Eröffnung der Paralympischen Winterspiele in Sotschi 2014. [dpa/buhl]

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58 Kommentare im Forum

  1. Der russische Bär wird es überleben. Der ESC ist sowieso eine völlige Schwachmatenveranstaltung seit Jahrzehnten. Für die Künstlerin tut es mir natürlich leid. Shit happens
  2. Wäre doch die Gelegenheit, diesem Schwachsinn endgültig Tschüss zu sagen. Verstehe auch nicht, warum Deutschland und die Schweiz da noch mitmachen, werden ständig gedemütigt, bezahlen aber diese Slawen-Blödel-Show mit.
  3. Was für ein Schwachsinn! Der grösste Geldgeber ist Russland, gefolgt von Deutschland, England, Italien, Frankreich und Spanien! Dass die Siegertitel nicht immer jedermans Geschmack sind, sei dahingestellt, aber den Contest als Slawen Blödel Show zu titulieren ist völlig daneben. Auch das ständige Argument, die Ostblockstaaten schieben sich die Punkte zu, genau wie die Skandinavier ist so nicht richtig. Diese Länder sind sich kulturell und anscheinend auch musikalisch so ähnlich, dass die fast einen identischen Geschmack haben. Ein paar Sympathiepunkte fliessen vielleicht, aber zu einem Sieg langt das lange nicht. Würden Deutschland und auch die Schweiz bessere Songs entsenden, würden sie auch gut abschneiden. So einfach ist es. Was die Disqualifizierung Russlands angeht, war schon alleine die Nominierung ein Affront gegenüber der Ukraine und bewusst von Russland so gewählt. Denn dieses Gesetz war den Russen sehr wohl bekannt. Also, total richtige Entscheidung der Ukraine (die aber nichts mit dem ESC zu tun hat).
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