Dr. Sound klärt auf: Messtechnik

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Dr. Sound klärt auf: Messtechnik, Teil 2

Der Impedanzverlauf

Impedanzverlauf

Wie schon im vorangegangen Text erwähnt wurde, ist die Impedanz ein frequenzabhängiger elektrischer Widerstand. Ein Stand- oder Regallautsprecher weist an seinen Anschlüssen einen über den Frequenzbereich messbaren Impedanzverlauf auf. Dieser ergibt sich aus den physikalischen Eigenschaften der Bauteile auf der Frequenzweiche sowie den Übergangsfrequenzen, die diese Verschaltungen bilden. Auch hier sei nochmals auf die Ausgabe 4/2011 von Dr. Sound verwiesen, in der Filter und ihr elektrisch-physikalisches Sperr- und Durchlassverhalten sowie den damit verbundenen frequenzabhängigen Widerständen erklärt wurden. Aber auch der einzelne Lautsprecher wirkt mit seinem Resonanz- und Impedanzverhalten an erster Stelle mit, wenn es darum geht, den Impedanzverlauf eines Standlautsprechers zu verändern. All diese Faktoren fließen hier zusammen und machen es notwendig, den Verlauf über der Frequenz zu erfassen.

Welchen Nutzen bringt das?

Wenn man den Impedanzverlauf eines Lautsprechers genauer betrachtet, stellt man häufig fest, dass dieser Maxima und Minima in den Kurven aufweist. Die Maxima sind die Bergspitzen im Diagramm und zeigen in Verbindung mit den Achsen die Impedanz in Ohm bzw. der Frequenz in Hertz (Hz) an, sodass zum Beispiel bei einer Frequenz von 80 Hz eine Impedanz von 30 Ohm erreicht wird. Das stellt für die meisten Hi-Fi-Verstärker kein Problem dar, kann aber in Ausnahmefällen zu nichtlinearen Verzerrungen am Leistungsverstärker führen. Dies gilt auch bei höheren Frequenzen. Betrachtet man das Beispiel einmal umgekehrt, also ein Minima bei 50 Hz mit einer Impedanz von 1,7 Ohm, dann wird es schon kritischer. Da bei den tiefen Frequenzen häufiger mehr Leistung umgesetzt wird, sind die Ströme auch größer.
 
Bei 1,7 Ohm ist der Strom, abhängig von der Leistungsfähigkeit der Endstufe und des Netzteiles, recht hoch, es sind mehrere Ampere. Wenn jetzt keine Schutzschaltungen gegen Überlast oder Kurzschluss zur Abschaltung der Endstufe bei höheren Lautstärken führen, dann führt dies oft unweigerlich zu nichtlinearen Verzerrungen, denn bei Maximalauslastung der Endstufentransistoren stellen diese Stromstärken zur Verfügung, die fast mit einem Kurzschluss zu vergleichen sind. Dabei bricht die Betriebsspannung, abhängig von der Netzteilkapazität, ein und die Ruhestromregelung bleibt z.B. nicht mehr stabil. Die Folgen: Der Arbeitspunkt der Endstufenschaltung und somit der ideale lineare Verstärkungsbereich verschiebt sich z. B. im Takt der Bassdrum. Der Klang bekommt mit jedem Bassdrumschlag einen aggressiven Charakter oder wirkt in der Dynamik eingeschränkter als ohne dieses Getrommel, zugegeben etwas überspitzt, aber praxisrelevant.

Messverfahren

Das Messverfahren für den Impedanzverlauf ist mit unseren Audio-Precision-Geräten sehr gut ausführbar. Der zu messende Lautsprecher wird mit den Generatorausgängen über einen definierten ohmschen Widerstand, der wichtig ist für die Kalkulation des Impedanzverlaufes, verbunden. Von diesem Generator aus wird im Messvorgang eine Signalspannung über einen festgelegten Frequenzbereich dem Testkanditaten zugeführt. Die Anschlussklemmen des zu testenden Lautsprechers werden direkt mit den Eingängen des Messsystems verbunden. Hier wird der Signalverlauf über den zu messenden Frequenzbereich aufgezeichnet und es entsteht bei der internen Auswertung im Messgerät ein Diagramm, das den elektrischen Widerstand (Impedanz) als Kurvenform über dem Frequenzbereich darstellt. Nun sind die Maxima und Minima des Kurvenlaufes ablesbar und lassen sich gezielt auswerten.

Wechselwirkungen

Aber auch bei diesem Messverfahren lauern Fehler. Schließlich geht es um die Bestimmung eines elektrischen Widerstandes. Wie schon ausgeführt, ist dieser thermisch variabel, weil einige Bauteile eine temperaturabhängige Kennlinie aufweisen. Das gilt sowohl für die Messungsanordnung, als auch für den Stand- oder Kompaktlautsprecher, der gemessen wird. Demnach kann sich der Impedanzverlauf mit der Erwärmung aller Bauteile, was sich im Betrieb der Testkandidaten zwangsläufig ergibt, verändern, da die elektrische Energie an der Schwingspule und den Bauteilen der Frequenzweiche zum Teil auch in Wärmeenergie umgewandelt wird. Mit dieser Bauteilerwärmung folgt auch die angesprochene Veränderung der Bauteilkennlinie. So kann ein und derselbe Stand- oder Kompaktlautsprecher mehrere, leicht voneinander abweichende, Impedanzverläufe aufweisen, je nachdem wie lange er im Betrieb war.
 
Die Entwickler setzten hier auf eine erhöhte Wärmeabführung an den neuralgischen Punkten. Auch in der Laborpraxis spielt an dieser Stelle der Einfluss von Übergangs- und Leitungswiderständen der Messleitungen sowie der ohmschen Bezugswiderstände eine Rolle. Wir ziehen genau wegen dieser Fehlbarkeiten solche Messgrafiken nur für die internen Auswertungen der zu testenden Lautsprecher heran. Es ist kritisch, an diesem Punkt absolute Werte nach außen zu tragen, weil diese an anderer Stelle zu Fehlern führen können. Der Impedanzverlauf kann sehr gut geeignet sein, den elektrisch optimal passenden Verstärker zum Lautsprecher zu finden. Dies ist aber keine Garantie, weil noch weitaus mehr Faktoren ein harmonisierendes Gespann bestimmen. In diesem Sinne: Trauen Sie Ihren Ohren!
(Jens Voigt)

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