ZDF plant Soziales Netzwerk: Das Ende der Meinungsfreiheit?

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© Focus Pocus LTD - Fotolia.com
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Während die Öffentlich-Rechtlichen wegen Gebührenverschwendung schwer unter Beschuss stehen, versteigt sich das ZDF in Hirngespinste von „besseren“ sozialen Medien. Wer das braucht, ist nicht klar – wer es bezahlen darf, hingegen schon eher.

Wir schreiben das Jahr 2023. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind angesichts großer Kritik an ihrem Umgang mit Gebührengeldern eigentlich dazu angehalten, kleine Brötchen zu backen. Oder eben bessere, mit einem akzeptablen Preis-Leistungs-Verhältnis. Doch beim ZDF fühlt man sich vom Motto der Stunde scheinbar nicht angesprochen – denn wenn man dort nicht gerade Geld für zweitklassigen Unterhaltungs-Popanz verbrennt, lässt man sich einfach mal ein eigenes soziales Netzwerk basteln.

Norbert Himmler ©ZDF/Markus Hintzen
ZDF-Intendant Norbert Himmler hat gute Ideen für die Verwendung von Gebührengeldern: Warum lässt man sich nicht einfach eigene soziale Medien designen, in denen die Öffentlich-Rechtlichen besser wegkommen? Foto: ©ZDF/Markus Hintzen

Ja, Sie haben richtig gelesen. ZDF-Chef Norbert Himmler glaubt nämlich*, dass der Auftrag seines öffentlich-rechtlichen Senders nun darin besteht, einen „demokratischen Diskurs im digitalen Raum abseits von Hasskommentaren und zunehmender Desinformation“ anzuleiten. Eine „faktenbasierte“ Plattform will ZDF-Intendant Himmler aus der Taufe heben lassen. Schließlich kaufen sich spleenige Milliardäre soziale Netzwerke – und Milliarden hat man ja bei den Öffentlich-Rechtlichen auch.

ZDF will öffentlichen Diskurs regulieren

Ob es nun dekadent oder gefährlich ist, wenn Elon Musk sich mit Twitter mal eben den größten Kommunikationsknoten der Welt aus der Portokasse gönnt? Kann man durchaus behaupten. Ein privatwirtschaftlicher Pistolero mit zu viel Geld ist vielleicht gruselig – aber wie geheuer ist uns ein mit Androhung von Beugehaft finanziertes Medien-Moloch, dem die Deutungshoheit im politischen Diskurs auf Rundfunkebene nicht mehr reicht? Das weiter um sich greift und auch die öffentlichen Räume der sozialen Medien erschließen und nach öffentlich-rechtlichen Gutdünken bis in die letzte Fuge „faktensicher“ machen will?

„Schützen und kuratieren“: Sollen unbequeme Meinungen verschwinden?

Aber ja. Die Wut des Pöbels in den sozialen Medien ist schließlich nicht auszuhalten – und deren Wortwahl und Weltsicht erst, zum Fürchten. Her also mit einem aus Zwangsabgaben gesponserten „geschützten öffentlich-rechtlichen Raum“ in der Geschmacksrichtung Heute-Journal. Wie das wird? Bourgeois und belehrend bestimmt. Norbert Himmler sieht da „Kommunikation jenseits kommerzieller Beeinflussung in einem Raum, den wir als Öffentlich-Rechtliche garantieren, schützen und auch kuratieren“. Klingt nach Filtern, Beschneiden, Aussortieren und Designen – und bedrohlich nach dem gebührenfinanzierten Ende der Meinungsfreiheit.

Wer hier die Gefahr nicht sieht, dass bald unpopuläre Meinungen in politisch immer instabileren Zeiten unter dem Deckmantel der Hege und Pflege öffentlicher Debattenkultur wegredigiert werden, darf allerdings beruhigt bleiben – und sich vielleicht bald schon in seinem watteweich-geschützten öffentlich-rechtlichen Raum einkuscheln, um ganz ohne fiese Worte und politische Grenzwanderungen ein Gefühl kollektiver Schwerelosigkeit zu genießen.

* Quelle: ZDF; DWDL-Interview vom 09.02.2023

Hinweis: Dieser Kommentar spiegelt die Sichtweise des Autoren, nicht die redaktionelle Haltung von „Digital Fernsehen“ wieder.

Bildquelle:

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131 Kommentare im Forum

  1. Über die Planung des Angebots kann und sollte man sicherlich debattieren. Dieser Beitrag, gerade mit dem zugehörigen Titelbild, ist hingegen doch etwas billiger Populismus. Hier wird ja mit keinem Wort erwähnt, dass es sich um ein internationales Forschungsprojekt mehrerer Stationen handelt, sondern das Komzept wird hingestellt, als würde der ZDF mal eben Facebook klonen. Der Status Quo, dass öffentlich-rechtliche Inhalte in weiten Teilen nur noch in geschlossenen, privaten, kommerziellen Netzwerken verteilt werden, ist zu problematisieren. Das passiert hier in keinster Weise. Wenn die Programme für jüngeres Publikum nur noch über Instagram verbreitet werden ("Ich bin Sophie Scholl"), dann braucht man gar nicht bis Elon Musk zu denken, welche Probleme längst entstanden sind: Wer seine persönlichen Daten nicht mit Meta/Facebook teilt, kommt überhaupt nicht mehr an gebührenfinanzierte Inhalte heran. Diese Situation muss die Anstalten alarmieren. Das Projekt Public Spaces Incubator wird gemeinsam durch die belgische RTBF, die kanadische CBC, die Schweizer SRG - und eben das ZDF durchgeführt. Dazu findet sich hier nicht ein Wort. In der Form ist das Schlicht ein Beitrag zur Desinformation. Insofern kann ich Interessierten nur raten, sich die FAQ zu dem Thema durchzulesen.
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