Kinobetreiber küren besten Film 2023 – Ehrenpreis für Sandra Hüller

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Zone of Interest
Szene aus "The Zone of Interest" Foto: A24/ Leonine Studios

Am Donnerstag wurden die jährlichen Gilde Filmpreise verliehen. Sandra Hüller, die auch die Hauptrolle in dem Gewinnerfilm spielt, erhielt dabei den Ehrenpreis.

Es führte gar kein Weg an diesem Film vorbei. Jonathan Glazer („Under the Skin„) hat mit „The Zone of Interest“ einen neuen Meilenstein geschaffen, wenn es um die filmische Aufarbeitung des Holocaust geht. Schon nach seiner Weltpremiere in Cannes wurde der Film fast einhellig positiv besprochen. Unter anderem gab es den Großen Preis der Jury des Festivals obendrauf. Glazer entwirft in „The Zone of Interest“ (Kinostart im Februar 2024) ein verstörendes Porträt über die Mechanismen des Bösen sowie über Verdrängung und Auslagerung von Ausbeutungs- und Zerstörungspraktiken, die über die spezifischen historischen Umstände hinausweisen.

Die furchterregende Idylle neben Auschwitz

Im dokumentierenden Stil beobachtet „The Zone of Interest“ den Alltag der Familie des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höss. Die Familie hat sich direkt neben dem Konzentrationslager ein Idyll errichtet und führt ein Leben in Wohlstand mit Pool, Gewächshaus und prächtigem Blumengarten, während nebenan die Öfen brennen, Schreie und Schüsse zu hören sind. Glazer gelingt damit eine formal strenge, aufreibend verdichtete Adaption des gleichnamigen Romans von Martin Amis. Die deutschen Kinobetreiber haben dieses Werk nun mit dem Gilde Filmpreis zum besten internationalen Film des Jahres gekürt.

"Perfect Days" von Wim Wenders
„Perfect Days“ von Wim Wenders erhielt ebenfalls einen Gilde Filmpreis. Foto: 2023 MASTER MIND Ltd

Abschluss der Leipziger Filmkunstmesse

Zum 46. Mal wurde der Preis am Donnerstag vor rund 400 Gästen im Leipziger Felsenkeller vergeben. Auch 2023 bildete die Verleihung den Abschluss der jährlichen Filmkunstmesse, die über 80 Filme aus den kommenden Monaten präsentierte und zu Diskussionen über die Zukunft und aktuelle Herausforderungen der Kinobranche einlud. Neben „The Zone of Interest“ wurde Wim Wenders‘ Großstadt-Drama „Perfect Days“ zum besten Film des Jahres gekürt. Wenders zeigt in diesem beachtlichen, in kürzester Zeit entstandenen Spätwerk (Kinostart: Dezember 2023) den Alltag eines Toilettenputzers in Tokyo, der nach und nach mit den unaufgearbeiteten Problemen seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Wenders stellte das Werk gemeinsam mit seinem neuen 3D-Dokumentarfilm „Anselm“ persönlich in Leipzig vor.

Als beste deutsche Produktion wurde derweil Timm Krögers „Die Theorie von Allem“ mit dem Gilde Filmpreis geehrt. Krögers Film lief im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig und erzählt auf originell verschachtelte Weise von der Paranoia des Kalten Krieges und atomarer Angst im Spannungsfeld von Kunst und Wissenschaft. Im Oktober 2023 kann man den Mystery-Thriller in den deutschen Kinos bestaunen.

Sandra Hüller in "Anatomie eines Falls"
Sandra Hüller im Cannes-Gewinnerfilm „Anatomie eines Falls“ Foto: LesFilmsPelleas/LesFilmsDePierre

Sandra Hüller auf Oscar-Kurs

Darüber hinaus erhielt Sandra Hüller den Ehrenpreis der AG Kino-Gilde. Nicht umsonst: Hüller zählt zu den gefeiertsten Schauspielerinnen des Jahres. Nicht wenige spekulieren bereits über eine mögliche Oscar-Nominierung im kommenden Jahr. In „The Zone of Interest“, der für Großbritannien in das Oscar-Rennen gehen wird, spielt sie Hedwig Höss, die Frau des Kommandanten, die zynisch als „Königin von Auschwitz“ betitelt wird.

Daneben begeistert Hüller in der Hauptrolle des jüngsten Cannes-Gewinnerfilms „Anatomie eines Falls“. In dem Drama spielt sie eine Schriftstellerin, die vor Gericht landet, als man sie des Mordes an ihrem Partner verdächtigt. Beide Filme wurden in diesem Jahr mit Lob überhäuft und sorgten international für Aufsehen. In Leipzig hat man davon konsequent Notiz genommen. Für Sandra Hüller handelt es sich bereits um den zweiten Gilde Filmpreis nach dem Erfolg von „Toni Erdmann“ im Jahr 2016.

Die Preisträger der Gilde Filmpreis 2023 Copyright: AG Kino, Foto Rainer Justen

Gilde Filmpreise 2023

Ehrenpreis: Sandra Hüller

Bester Film (national): „Die Theorie von Allem“

Bester Film (international): „The Zone of Interest“ ex aequo „Perfect Days“

Bester Dokumentarfilm: „Lars Eidinger – Sein oder Nicht Sein“

Bester Film (Junges Kino): „Sonne und Beton“

Bester Kinderfilm: „Checker Tobi“

Publikumspreis: „Heaven Can Wait – Wir leben jetzt“

Publikumspreis (Kurzfilm): „Lilith & Eve“

Favoriten der Jugendjury: „The Quiet Girl“, „Monster“ und „Olfas Töchter“

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