Medientage: Mehr Pay-TV und weniger Kino-Besuche?

0
27
Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

München – Der Kampf ums Wohnzimmer: Es gibt eine Vielzahl neuer technischer Entwicklungen, die längst über schlichtes Surfen im Internet oder TV-Berieselung hinausgehen. Doch womit und von wem wollen sich die Deutschen künftig unterhalten lassen?

Darüber wurde beim von A. T. Kearny veranstalteten Panel während der Medientage München diskutiert. Wer überhaupt alles am Kampf um das Wohnzimmer beteiligt ist, verdeutlichte Dr. Martin Fabel von A.T. Kearny. Zunächst sei der Inhalt wichtig, denn das sei schließlich ein wichtiges Kriterium für den Nutzer. Und so würden die Filmstudios, die TV-Sender, die Betreiber von Internet-Portalen und auch die Spiele-Entwickler um die Gunst der Nutzer werben. In einer zweiten Stufe folgten die Wettbewerber im Bereich des Zugangs: Kabelnetz- und Satelliten-Betreiber, Telekom-Carrier oder auch Internet-Provider. Und schließlich stelle sich die Frage nach den Endgeräten: TV-Geräte, Set-Top-Boxen, Videorekorder, DVD-Player oder Spielekonsolen.
 
Vor allem die Entwicklung der Internet-Zugangstechnologie DSL dürfe nicht unterschätzt werden, argumentierte Fabel: „DSL dringt ins Wohnzimmer ein.“ Seien derzeit 15 Prozent der deutschen Haushalte mit DSL ausgestattet, so werde dieser Anteil bis 2008 auf 50 Prozent steigen, prognostizierte der Unternehmensberater. In diesem Zusammenhang glaubt Fabel, dass sich die mittlerweile durchaus gängige Praxis, Musik aus dem Internet herunterzuladen, dank DSL auch auf Videos übertragen lasse: „Ein Viertel der Umsätze aus DVD-Kauf, DVD-Verleih und Kinobesuchen sind dann schlicht und ergreifend nicht mehr da.“
 
Dr. Marcus Englert, Managing Director von SevenOne Intermedia, erläuterte die Strategien seines Konzerns. Im Zusammenhang mit der TV-Digitalisierung stelle sich die Frage nach der Fragmentierung des Marktes. Dennoch seien die beiden großen deutschen privaten TVProgrammanbieter – die RTL Group und die ProSiebenSat.1 Media AG – gut aufgestellt. Kleine Spartenkanäle böten kein passendes Umfeld für Werbung, die die Massen erreichen kann. „Man muss in großen Sendern Werbung schalten, wenn man die Massen erreichen will. Die Nische nützt da gar nichts“, urteilte der Multimedia-Experte. Die Gründung von eigenen Sparten- oder Nischenkanälen schloss Englert nicht aus, im Gegenteil: Denkbar wäre es, sich bei der Installierung solcher Kanäle auf die „Kernkompetenzen“ der Senderfamilie zu beschränken. „Und das sind Comedy und Serie“, erläuterte er. Klar sei aber, dass solche Nischenprogramme nicht alleine durch Werbung finanziert werden könnten. Als wichtige Erlösquellen nannte Englert in diesem Zusammenhang nicht nur das klassische Pay-per-View, sondern auch Umsätze durch Merchandising oder Telefonerträge.
 
Wenig Sorge bereiten der SevenOne Intermedia die neuen Personal Video Recorder (PVR), die zeitversetztes Sehen bestimmter Programme und damit das Ausblenden von Werbung ermöglichen. „Das ist kein Risiko, zumal immer mehr Programm auf Live-Basis beruht. Niemand will sich eine Live-Sendung aufzeichnen und zehn Tage später anschauen“, sagte Englert. Christof Wahl, Chief Operator Officer der Kabel Deutschland GmbH (KDG), wies auf die Absichten seines Unternehmens hin, sich „vom reinen Transporter zum Kiosk“ zu entwickeln. Kabel Deutschland will nicht nur Inhalte per Kabel in die deutschen Haushalte transportieren, sondern auch selbst Inhalte anbieten. Generell warnte Wahl allerdings vor zu großer Euphorie im Zusammenhang mit neuen Technologien für TV- und Internet-Nutzer. Vielmehr gehe er von einer schrittweisen Entwicklung aus: „Wir müssen auch sehen, dass es viele Couch-Potatoes gibt, dass es viele ältere Menschen gibt, die wollen, dass sich gar nichts ändert.“ Die Bereitschaft der Kunden, für neue Pay-TV- und Online-Angebote mehr Geld auszugeben, solle laut KDG zunehmen. „Es wird zu einer Verschiebung des Budgets des Konsumenten kommen“, glaubt Wahl. Wenn Haushalte bereit sind, Entgelte für entsprechende TV-Angebote zu zahlen, werden sie vielleicht weniger Zeitschriften kaufen – oder KDG-Kunden werden seltener ins Kino gehen. [fp]

Bildquelle:

  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

Kommentare im Forum

Die Kommentarfunktion ist noch nicht aktiviert