Vodafone-Telefonterror: Wenn der Ex-Provider zum Stalker wird

Ein Kommentar von Richard W. Schaber

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Telefonterror, bei Anruf Ärger: Stress am Smartphone. © Viacheslav Lakobchuk / stock.adobe.com
© Viacheslav Lakobchuk/stock.adobe.com

Wer seinen Mobilfunkvertrag kündigt, bekommt meist augenblicklich ein Angebot vom abservierten Provider, das den Flüchtigen umstimmen soll. Dienstleister wie Vodafone gehen dabei allerdings entschieden zu weit.

Die meisten irdischen Beziehungen sind nichts für die Ewigkeit und voller Nachwehen: Hat man sich so entschlossen, nach Jahren des Mit- oder Nebeneinanders getrennte Wege zu gehen, steht nicht selten noch ein Scheidungsdrama in diversen Akten an. Schließlich entwickeln gewisse „Partner“ ein geradezu beängstigendes Interesse an einem, nachdem man ihnen das Aus verkündet hat. Und rufen dann plötzlich an. Ständig. Obwohl man es sich ausdrücklich anders erbeten hat. Dergleichen werden viele schon einmal erlebt haben – doch tendenziell eher mit einem Lebenspartner als mit dem großen anonymen Mobilfunkprovider. Mit letzterem pflegt man ja eher ein emotionsloses Geschäftsverhältnis und will eigentlich auch nicht mehr reden, wenn man nach Jahren genervt geht.

Telefonterror von Vodafone

Kündigt man seinen Vertrag, weil man trotz D-Netzpreis immer noch in seiner eigenen Wohnung inmitten einer deutschen Großstadt kein vernünftiges Telefongespräch führen kann und wendet sich in schierer Verzweiflung potentiell ebenso unbrauchbaren Wettbewerbern des geschassten Providers zu, wird dieser plötzlich eifersüchtig. Wer sich in Trennung befindet und es mit einem gekränkt-obsessiven Verflossenen zu tun hat, bangt nicht selten vor Anrufen zu unmöglichen Tages- und Nachtzeiten. Vor nutzlosem Flehen, leeren Versprechungen und heuchlerischen Bekundungen. „Wir wollen Sie doch nicht verlieren“ – sobald diese standardisiert-hohle Balzerei als Finaloffensive an den designierten Ex-Kunden herangetragen wird, ist die Sache bekanntlich eh längst gelaufen.

Anrufe zu unmöglichen Zeiten

Es ist spät abends und man erwartet eigentlich keine spontanen Anrufe mehr, befindet sich bereits auf dem Weg in die Nachtruhe. Da erscheint plötzlich eine unbekannte Nummer auf dem Smartphone-Display und die Alarmsirenen schrillen: Hatte jemand einen Unfall? Ist sonst etwas schreckliches passiert? Man hebt also ab – es könnte ja alles mögliche geschehen sein. Am anderen Ende meldet sich dann allerdings lediglich ein Spruchband, das frech behauptet, man selbst habe die Vodafone-Hotline angerufen. Irritiert legt man auf, es wird wohl ein Versehen gewesen sein. Sagt man sich. Die werden doch nicht wirklich zu unchristlichsten Zeiten anrufen und einen dann im Halbschlaf mit einem blöden Tonband in die Vertragsverlängerung lotsen wollen. Anscheinend doch – denn die merkwürdigen Anrufe reißen nicht ab.

So umgeht Vodafone das „Cold Call“-Verbot

Der Blick in die Einstellungen zum Providerkontakt offenbart schnell, warum die nervtötenden Anrufe im beschriebenen Modus erfolgen: Für eine Kontaktaufnahme seitens des Anbieters per Telefon bedarf es der Zustimmung des Kunden – und sogenannte „Cold Calls“ zu werbezwecken sind gesetzlich verboten. Somit muss also der Anschein entstehen, man selbst habe die Hotline des Providers kontaktiert. Grauzonen-Manöver der untersten Schublade, die mehr das Flair eines Trickbetrugs haben.

Wenn diese Optionen deaktiviert sind, darf Vodafone seine Kunden nicht telefonisch belästigen. Schließlich sind sogenannte „Cold Calls“ verboten. Allerdings hat man sich eine dreiste Masche ausgedacht, um dieses Verbot zu umgehen: Das Mobiltelefon des scheidenden Kunden klingelt – und wenn dieser abhebt, hat er angeblich selbst im Kundencenter von Vodafone angerufen. (Bild: Screenshot der iOS-App)

Beim gefühlt siebzehnten Anruf reicht es dann: Man wählt sich durch das sperrige Audiomenü und lässt sich zum Kundendienst durchstellen. Dem versichert man fürs Protokoll unmissverständlich, dass kein Interesse an einer Vertragsverlängerung besteht und man mit sofortiger Wirkung keinerlei Überraschungsanrufe mehr erhalten möchte. Das wird in aller Freundlichkeit von der anderen Seite bestätigt. Nur leider nicht umgesetzt. Das Telefon klingelt einfach weiter, bis man die Nummer schlussendlich blockiert. Letzteres wäre sicher schon früher möglich gewesen – doch dass man tatsächlich seinen Provider auf die schwarze Liste setzen muss, um nicht mehr telefonisch gestalkt zu werden, will man dann doch vielleicht erstmal nicht wahrhaben.

Lernen die Provider nicht dazu?

Ob die großen Anbieter am Mobilfunkmarkt aus diesen penetrant-erfolglosen Offensiven etwas lernen? Es ist kaum anzunehmen. Schließlich sind Versuche seitens der Kunden, während ihrer Vertragslaufzeit Unterstützung bei Problemen zu bekommen meist ergebnislose Spießrutenläufe. So sollte eher die Gewährleistung der vertraglich zugesicherten Leistungen und ein kundennaher Service und Support bei Problemen im Fokus der Provider stehen, die ihre Kundschaft dauerhaft binden wollen. Zufriedene Kunden bleiben – unzufriedene gehen. Wie hoch ist wohl die Quote der Geschassten, die ihre Ex mit einer Kanonade unerwünschter Anrufe zurückgewinnen konnte? Eben.

Bildquelle:

  • smartphone-stress: © Viacheslav Lakobchuk/stock.adobe.com

136 Kommentare im Forum

  1. Ich kann diesen polemischen Artikel des Autors Schabers nicht nachvollziehen, da er etwas an der Realität vorbeigeht... Punkt 1: Der angeführte Kündigungsgrund: "Kündigt man seinen Vertrag, weil man trotz D-Netzpreis immer noch in seiner eigenen Wohnung inmitten einer deutschen Großstadt kein vernünftiges Telefongespräch führen kann und wendet sich in schierer Verzweiflung potentiell ebenso unbrauchbaren Wettberwerbern des geschassten Providers zu, wird dieser plötzlich eifersüchtig." Liegt ein Festnetzanschluss vor, lässt sich dieses Empfangsproblem sehr einfach mit dem von Vodafone in allen aktuellen Tarifen angebotenen WifiCalling beheben. Die Telefonie ist über die Mobilfunkrufnummer dadurch auch in der Wohnung mit dicken Wänden problemlos möglich. Die Kündigung aus diesem Grund was also überflüssig. Punkt 2: Jeder Kunde von Vodafone kann über Mein Vodafone oder die Mein Vodafone App die Beratungseinstellungen einsehen oder ggf. einstellen ob und wenn ja wann und wie er kontaktiert werden möchte. Somit kann einem telefonischen Kontakt generell oder im Rahmen einer Vertragsverlängerung ohne großen Aufwand widersprochen werden. Ich habe mit der entsprechenden Einstellung noch keinen einzigen unerwünschten Anruf erhalten.
  2. Es ändert trotzdem nichts daran, dass es jedem freisteht, einen Vertrag zu kündigen. Dann muss man keinen Telefonterror veranstalten.
  3. Das ist die Entscheidung des Kunden, die gilt es zu respektieren Du glaubst Doch nicht im Ernst daran das man sich daran hält?! Macht(e) Sky auch nicht. .
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