Kommentar: In Bose steckt kein „Dr. Bose“ mehr

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Bose, Campus; © F. Pötzsch
© F. Pötzsch

Es gibt Begegnungen, die vergisst man im Leben nicht: Vor elf Jahren durfte ich Amar G. Bose persönlich kennen lernen. „Den“ Dr. Bose. Dieser Mann hat 1964 die nach seinem Namen getaufte Bose Corporation gegründet und legte damit den Grundstein für Jahrzehnte von immer wieder neuen, innovativen Produkten im Audiobereich. Die Gewinne seiner Familienfirma wurden größtenteils immer wieder in die Forschung gesteckt.

Dr. Amar G. Bose im Jahr 2006 © Bose

Der damals 80jährige lud in sein Hauptquartier in Framingham bei Boston und strahlte eine unglaubliche Faszination auf mich aus. Er erzählte von seinem ersten Erfolgsprodukt, dem 901er Lautsprecher. Es störte ihn, dass er zu Hause in seinem Wohnzimmer die Musik nicht so hören konnte wie er es in einem Konzertsaal gewohnt war. Er wollte jedes Wohnzimmer durch seine Lautsprecher in Konzertsäle verwandeln. Und das gelang ihm erstklassig.

Jeder kennt noch die Anzeigen vom „Klangwunder“, die jahrelang die hinteren Umschlagseiten von TV-Zeitschriften oder dem ADAC-Magazin zierten. Jeder wollte so ein „Klangwunder“ zu Hause haben. Aber das Wave-Radio war für die meisten von uns unerreichbar.

Bei einem Rundgang auf dem Bose-Campus kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus: Hier konnte ich nicht nur einen Blick in die Entwicklungslabors erhaschen, sondern bekam Produkte vorgeführt, die nie auf den Markt kamen. Das Team um Bose meldete ein Patent nach dem anderen an – ohne darauf zu schauen, es schnellstmöglich gewinnbringend zu vermarkten. Auf dem Firmenparkplatz fuhr ein Auto über eine Buckelpiste, doch die intelligenten Stoßdämpfer ließen es quasi schwerelos über den Boden gleiten. Selbstverständlich gehörte bei der Tour auch der Besuch eines der eigenen Bose-Stores dazu, in dem Kunden sich die neuesten Heimkinosysteme, Lautsprecher und Wave-Radios anschauen und anhören konnten.

Doch seit einiger Zeit ist alles anders. Aus Framingham kommen irgendwie keine Erfindungen mehr. Zwar werden immer wieder kleinere, buntere, günstigere Lautsprecher vorgestellt, aber die Innovationen fehlen. Die ersten Quiet Comfort Kopfhörer mit Unterdrückung von Außengeräuschen waren eine Sensation, besonders im Flugzeug sind sie ein Segen. Jetzt schlagen sich Kunden damit herum, dass bei aktuellen Bose-Kopfhörern wegen Qualitätsproblemen nach einigen Wochen schon die Farbe abplatzt. In den nächsten Wochen schließt das Unternehmen fast alle seine eigenen Filialen und wer im Media Markt in die Ecke geht, wo früher Bose-Produkte präsentiert wurden, der wird hier nicht mehr fündig.

Was ist da passiert? Man kann nur spekulieren. Zwei Jahre vor seinem Tod im Jahre 2013 hat Amar G. Bose die Aktienmehrheit an seinem Unternehmen an seine Universität, dem MIT geschenkt. Es scheint, als wäre seine Rechnung nicht aufgegangen: Statt die Gewinne der Bose Corporation weiter in neue Innovationen der Firma zu stecken, werden sie wohl für andere Zwecke verwendet. Noch ist der Name „Bose“ ein Stern am Audiohimmel. Doch für mich wird er immer blasser und verschwindet im Wust von bunten Kopfhörern und Wegwerflautsprechern.

Bildquelle:

  • DrBose_2006: © Bose
  • Bose-Campus-Framingham: © F. Pötzsch

6 Kommentare im Forum

  1. Hatte mich eigentlich noch nie mit der Geschichte von Bose bechäftigt und wusste garnicht das der Name auf den Firmengründer zurückgeht. Dachte eher das wäre ein erfundener Name der so schön klingt. Bei Tchibo hab ich es allerdings auch erst zufällig vor ein paar Jahren erfahren.
  2. Ich habe mein 5.1 Bose Soundsystem mit Doppelcubes vor ca 13 Jahre Jahren gekauft und ich erfreue mich immer noch daran. Klasse Sound im Heimkinobereich.
  3. In diesem Beitrag fehlen ganz relevante Daten ...... Quelle: Bose-Gründer verschenkt Firmenanteile an das MIT 1. sind sie gar nicht in der Lage mit zu sprechen (Entscheidungen treffen die die Firma weiter bringen könnten) 2. war von Anfang an genannt wofür die Einnahmen des MIT eingesetzt werden, für die Forschung und Lehre beim MIT P.S. der Bose-Eintrag beim deutschen Wiki ist übrigens sehr sehr mangelhaft wie ich das finde ... Bose Corporation – Wikipedia Musste Google nutzen um etwas über diese MIT-Aktion erlesen zu können ...
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