Künftig mehr Wiederholungen in der ARD? Das sagen WDR, RBB und NDR

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ARD-Mediathek

Im Ersten und bei den Dritten kann es gut sein, dass bald vermehrt Wiederholungen linear zu sehen sein werden, wenn man die jüngsten Entwicklungen interpretiert und dabei Äußerungen, wie die von BR-Intendantin Katja Wildermuth, im Hinterkopf behält. Aber was sagen eigentlich die anderen ARD-Sender dazu? In Teil 2 der DIGITAL FERNSEHEN-Recherche kommen nun zusätzlich der WDR, NDR sowie der zuletzt arg krisengeschüttelte RBB zu Wort.

Jüngst haben die ARD-Intendanten beschlossen, dass im klassischen fortlaufenden Programm fokussiert werden muss. Will meinen: Das lineare Programme wird eher nicht von diesen Maßnahmen profitieren. BR-Intedantin Katja Wildermuth wurde da schon etwas deutlicher: Zuschauer müssten sich „linear an mehr Wiederholungen gewöhnen“, hieß es von ihr Mitte November auf einem Event in München.

ARD-„Tagesthemen“-Legende Ulrich Wickert fordert in der „BamS“ derweil kurz vor seinem 80. „Tacheles“ von den Öffentlich-Rechtlichen. Das Thema Wiederholungen sparte er nicht, sondern ließ sich vielmehr darüber aus.

Muss Digital-Förderung zwingend zum Nachteil für lineares Programm werden?

Diese Aussagen lassen natürlich aufhorchen. Das Wildermuth-Statement schreit aber auch geradezu danach, in Bezug auf die anderen ARD-Sender geklärt und eingeordnet zu werden. Sechs der neun Häuser stellten sich der Verantwortung und äußerten sich gegenüber DF. Drei davon, namentlich der Saarländische Rundfunk (SR), der Hessische Rundfunk (HR) und der Südwestrundfunk (SWR), kommen in diesem ersten Teil zu Wort.

RBB:

„Der RBB stand in den vergangenen Monaten vor allem wegen seiner Geschäftsleitung im öffentlichen Interesse, unser neue Intendantin Katrin Vernau hat angekündigt, dass nun das Programm wieder in den Mittelpunkt rücken soll. Grundsätzlich ist es auch bei uns so, dass Geld nur einmal ausgegeben kann – und wenn es in eine ‚online only‘-Produktion fließt, kann es nicht zeitgleich in ein Projekt für das lineare Programm fließen. Gleichzeitig sind Ausgaben für non-lineare Formate kein Sparprogramm, von daher stellt sich die Frage nach „alternativen Einsparpotenziale“ an dieser Stelle zunächst nicht.

Der RBB verfolgt keine Strategie, durch eine Zunahme an Wiederholungen Geld einzusparen. Allerdings findet auch im RBB eine strategisch geplante mittel- und langfristige Umschichtung von Ressourcen zur Herstellung linearer Sendungen hin zu non-linearen Formaten statt. Dabei verfolgen wir das Prinzip der Generationengerechtigkeit, nach dem wir bemüht sind, für alle Altersgruppen in angemessenem Umfang Programme und Inhalte zur Verfügung zu stellen. Für jüngere und mittlere Alters-Zielgruppen bedeutet das auf Grund sich rasant ändernder Nutzungsgewohnheiten, zunehmend Online-first und Online-Only-Content zu produzieren.

RBB: „Ausgaben für non-lineare Formate kein Sparprogramm“

Die linearen Programme lassen sich nur zum Teil mit diesem Content bespielen, zumindest führt das zu einer erheblichen Änderung des Charakters dieser Programme. Im Hörfunk findet das beim RBB seit geraumer Zeit verstärkt durch die lineare Nutzung von Podcasts statt. Im dritten Fernsehprogramm betrifft das z.B. Formate wie ‚Chez Krömer‘.

Für das Erscheinungsbild der linearen dritten Programme ist zudem auch die Erkenntnis wichtig, dass diese Programme von den meisten Nutzern in Ergänzung zu nationalen Programmen und zu sehr unterschiedlichen Zeiten genutzt werden. Daher kann sich eine intelligente Mehrfach-Programmierung von Inhalten zu unterschiedlichen Tageszeiten als durchaus sinnvoll erweisen.

Eine Chance für attraktive Regionalprogramme trotz Umschichtungen ins Digitale liegt in einer verstärkten Kooperation der Sender untereinander. Hierfür gibt es seit etwa zwei Jahren deutlich verstärkte Aktivitäten im Verbund der ARD.

Wenn’s schon sein muss: Vorschläge für gern gesehene Konserven an die ARD-Sender

WDR:

Grundlegende Reformen wie den crossmedialen Umbau der Programmdirektionen haben wir schon vor Jahren angestoßen. Auch schichtet der WDR bereits seit mehreren Jahren konsequent Mittel aus den linearen TV- und HF-Programmen um, um die eigenen digitalen Plattformen und Ausspielwege wie Mediathek und Audiothek zu stärken und neue digitale Angebote insbesondere auch für jüngere Altersgruppen zu schaffen. Denn unser Auftrag ist es, Programm für alle Menschen anzubieten.

Das hat natürlich zur Konsequenz, dass weniger Erstausstrahlungen im linearen Programm, z.B. im WDR Fernsehen, möglich sind. Entsprechend ist der Wiederholungsanteil gestiegen und wird auch weiter steigen. Durch deutlich verstärkte Kooperationen der Landesrundfunkanstalten, etwa bei der Entwicklung gemeinsamer Formate für die Dritten, wird versucht, trotz der nötigen Umschichtungen die Stärke der linearen Programme möglichst zu erhalten.

WDR am offenherzigsten: „Wiederholungsanteil gestiegen“

Neben Umschichtungen und Einsparungen im Programm gab und gibt es im WDR auch grundlegende strukturellen Einsparungen, etwa durch den sozialverträglichen Abbau von 500 Planstellen oder der Kürzung von Sachetats.

NDR:

Wie der gesamte öffentlich-rechtliche Rundfunk steht auch der NDR vor der Herausforderung, tiefgreifenden Veränderungen im Mediennutzungsverhalten mit einer digitalen Transformation zu begegnen und dennoch ressourcenschonend zu produzieren. Unser Ziel und Auftrag ist es, auch jüngere Zielgruppen zu erreichen und ein breites attraktives Angebot im digitalen Bereich zu schaffen, vor allem in der ARD Mediathek.

Primär versuchen wir, so genannte ‚Dual use‘-Formate zu entwickeln, die sowohl Nutzerinnen und Nutzer online als auch unsere TV-Zuschauer* innen begeistern. Durch die Nutzung von Synergien in der crossmedialen Zusammenarbeit innerhalb des NDR, aber auch in der Kooperation mit anderen ARD-Anstalten sind wir in der Lage, Formate zu entwickeln, die sowohl als 45-minütige Doku im Fernsehen als auch in gekürzter Fassung auf Drittplattformen oder in der Mediathek funktionieren und auch im Podcastbereich viele interessierte Hörer*innen finden.

Für sehr spezielle Zielgruppen, die wir sonst nur noch schwer erreichen können, oder für besondere Nutzungssituationen wird es daneben aber auch Online-only-Angebote geben, die für das lineare Fernsehen weniger geeignet sind.

SWR:

Wir schichten Mittel um, um bei gleichbleibendem bzw. faktisch sogar schrumpfendem Gesamtetat (Inflation, Energiekosten etc.) auch jüngere Zielgruppen mit nonlinearen/digitalen Angeboten und Formaten besser zu erreichen, denn auch sie finanzieren das Gesamtangebot durch ihren Rundfunkbeitrag, auch ihnen sind wir verpflichtet.

Der Trend geht zu immer mehr „Online-first“ oder „Online-only“

Eine bloße Steigerung von Wiederholungen im linearen Angebot führt dabei jedoch nicht zum gewünschten Ergebnis, sondern gerade mit Blick auf die weiter sinkenden Mittel müssen wir die Beiträge möglichst klug für das Gesamtangebot verwenden. So setzen wir z.B. zunehmend erfolgreiche Formate aus der ARD-Mediathek auch linear ein, zum Teil noch mal umgeschnitten und auf lineare Plattformanforderungen angepasst. Das ist dann der bereits verwendete Inhalt, aber keine bloße Wiederholung.

Wir verwenden aber z.B. auch nonlineare Formate in möglichst geschickter Konfektion innerhalb anderer linearer Gefäße, indem wir z.B. im Serviceangebot „Kaffee oder Tee“ kurze abgeschlossene Folgen aus anderen Angeboten aufnehmen. Außerdem entwickeln wir zusammen mit den anderen Dritten neue Formate oder arbeiten für die ARD-Mediathek an übergreifenden Formaten wie „ARD Crime Time“. Dabei ist die Formatstruktur gemeinsam entwickelt, aber jede Landesrundfunkanstalt füllt sie mit ihren Themen/Inhalten. Bei nicht zwingend regionalen Themen ist auch der Austausch von Beiträgen und Beitragsserien möglich. Auch wenn also Teile des Angebots an verschiedenen Stellen mehrfach auftauchen, ist dies keine bloße Wiederholung, sondern ein möglichst abgewogenes Vorgehen, um angesichts steigender Kosten und sinkender Beiträge sorgfältig mit dem vorhandenen Programmvermögen umzugehen und gleichzeitig mit Blick auf die Interessen der Nutzer:innen die Inhalte möglichst umfassend anzubieten.“

SR:

„Das SR Fernsehen kooperiert eng mit dem SWR Fernsehen des Südwestrundfunks. So produziert der SWR größtenteils das Mantelprogramm des gemeinsamen Dritten. Unter anderem zwischen 18 Uhr und 20 Uhr schalten sich die jeweiligen Sendegebiete auseinander.

Für das SR Fernsehen ist deshalb keine maßgebliche Ausweitung des Wiederholungsanteils notwendig, weil perspektivisch der SR Programm, das primär für die Mediathek konzipiert wird, auch im linearen Programm des SR Fernsehens gegebenenfalls in einer anderen Bearbeitung einsetzen könnte.

Die Wirtschaftlichkeit bei der Programmherstellung wird beim SR durch smarte und crossmediale Produktionsweisen sichergestellt. An der Optimierung der Produktionsweisen wird permanent gearbeitet.“

Ein Kooperationsausbau scheint eher das Zauberwort zu sein, als mehr Wiederholungen

HR:

Der Hessische Rundfunk als eine der kleineren ARD-Rundfunkanstalten setzt in seinem Dritten Programm seit jeher Wiederholungen und Übernahmen aus anderen Dritten Programmen ein, wiederholt jedoch auch originär für Hessen hergestellte hochwertige Dokumentationen.

Wir haben die Zeitschiene von 16 bis 22 Uhr als die regionale Kernzeit definiert, in der Informationsprogramm aus und für Hessen läuft. In dieser Zeit erreicht das hr-fernsehen die meisten Zuschauer*innen. Diese Zeitschiene umfasst die unterhaltend-informative Nachmittagssendung „Hallo Hessen“, regionale Aktualität in verschiedenen Ausgaben der „Hessenschau“ (Kompakt, Sport und Hauptausgabe um 19:30 Uhr), „Maintower“ sowie die Sendung „Alle Wetter“.

[…] Auch wir haben vom Linearen ins digitale Angebot umgeschichtet. Dies betrifft vor allem Doku- und Reportageformate. Dabei können Produkte auch auf beiden Wegen erfolgreich eingesetzt werden, wie z.B. unsere Doku-Reihe „Mittendrin – Flughafen Frankfurt“, die digital First produzierte Fußball-Talkshow „Heimspiel!“ oder die auf die YouTube-Nutzung zugeschnittene Spätausgabe der „Hessenschau“ zeigen.

Einsparungen versprechen wir uns von noch mehr Kooperationen der ARD-Sender untereinander. Hier stehen wir aber erst am Anfang der Auslotung von Möglichkeiten. Ein positives Beispiel ist das ARD-Wetterkompetenzzentrum im hr, das für Das Erste und die meisten Dritten Programme das Wetter produziert. Der hr sendet derzeit alle digital-first produzierten Bewegtbildformate auch linear im hr-fernsehen. Dies jedoch außerhalb der als regionale Kernzeit definierten Zeitzone (16-20 Uhr).

Der Radio Bremen reagierte bislang auf die Nachfrage von DIGITAL FERNSEHEN noch nicht. Ein Statement vonseiten des MDR folgt in Kürze (Stand 5. Dezember 2022).

Bildquelle:

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43 Kommentare im Forum

  1. Künftig mehr wiederholungen? Hm habe ich da was nicht mitgekriegt?(n) Wiederholungen zeigen sie doch ständig, das ist meines Wissens doch nichts neues. Ach ja und übrigens, nicht nur die junge Generation finanziert ARD/ZDF, sondern auch die alte Generation, die mit den Mediatheken nicht klar kommt, sondern auf das lineare TV Angebot angewiesen ist. Wenn ARD/ZDF sich das nicht leisten können, die Inhalte auch linear auszustrahlen, dann sollen sie ihre Pensionen mal runterschrauben und noch ein Tip des sparens wäre endlich die SD Austrahlungen der ganzen ARD/ZDF Sender einzustellen! Man muss doch nicht weiter in 2 Auflösungen ausstrahlen. HD dürfte mittlerweile in dem größten Teilen der deutschen Bürger angekommen sein. Selbst meine Eltern im Alter über 70 empfangen die ARD/ZDF Sender alle schon seit Jahren in HD. Das sparen immer am Inhalt anzusetzen, finde ich ist der falsche Weg. Da wird der Zwangsbeitrag erhöht und ARD/ZDF kommen immer noch nicht mit ihren Finanzen klar.
  2. Es gibt noch genug Leute die ihren Röhren TV stehen haben. Das sind aber nun mal die hohen Kosten die immer weiter steigen.
  3. Der Sparwahn geht sogar soweit, dass heute nicht mal mehr das Live-Adventssingen im WDR stattfindet. Das war immer schön, an jedem Adventssonntag aus einer anderen NRW-Stadt.
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