Die Burton-Galerie

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Die Burton-Galerie, Teil 6

Köpfe und Affen

Nach den kommerziellen Misserfolgen seiner B-Movie- Phase brachte der Horrorstreifen „Sleepy Hollow“ (1999) wieder einmal die Kinokassen zum Klingeln. Burton und Depp ließen hierfür Washington Irvings fantastische Novelle über den kopflosen Reiter zu einem Märchen umschreiben, das den Geist des hessischen Söldners offenbar wirklich umherwandeln lässt. Ichabod Crane ist hier nicht wie in Irvings Erzählung ein abergläubischer Lehrer aus der Stadt, der von seinem Rivalen Brom Van Brunt mit einer Horrorgeschichte und einem gestellten Reiterauftritt aus dem Dorf vertrieben wird. Nein, hier rollen die Köpfe wirklich, weshalb der enthauptende Sport alsbald den tugendhaften New Yorker Kriminologen Crane (Johnny Depp) auf die ländliche Bühne ruft. Verzweifelt sucht Ichabod nach einem menschlichen Täter mit einem glaubhaften Motiv. Leider lenkt ihn das Dekolleté Katrina Van Tassels (Christina Ricci) in dem Maße von den Fakten ab, dass ihm der dämonische Ursprung der Leichenberge erst sehr spät in den Sinn kommt.
 
Aufgrund seiner visuellen Einstellung überwiegen in Burtons Filmschaffen die Setdesigns und Kostüme, wofür seine Werke auch immer wieder ausgezeichnet werden. So auch in seiner Neuinterpretation von „Planet der Affen“ (2001), der insgesamt wohl am wenigsten als typischer Burton durchgeht. Rick Bakers („American Werewolf“) fantastisches Make-up erntete Lobeshymnen, während das erhöhte Actionpotenzial und der vernachlässigte philosophische Unterton der Handlung viel Schelte erhielt. Für Burton war die Produktionsphase von „Planet der Affen“ emotional eine Zeit des Umschwungs. Zwei Sterbefälle in der Familie und die Trennung von seiner damaligen Lebensgefährtin, der Schauspielerin Lisa Marie, folgten in kurzen Abständen. Mit Helena Bonham Carter fand er während der Dreharbeiten jedoch eine neue Partnerin, mit der er bis heute zusammen lebt und zwei Kinder hat. In den Hafen der Ehe fuhren sie dennoch nicht ein. Die Geschichte einer wunderbaren Ehe sollte den nächsten Film dominieren. „Big Fish“ (2003) verzichtete komplett auf Action und zelebrierte lieber die Macht der Vorstellungskraft.

Edward Bloom (Albert Finney und Ewan McGregor) ist ein passionierter Geschichtenerzähler. Sein Talent, die Tatsachen so zu verdrehen, dass sie interessant klingen, bringt ihm viele Freunde ein. Nur sein Sohn Will (Billy Crudup) hat die Nase gestrichen voll und kündigt prompt das Vater-Sohn-Verhältnis. Wenige Jahre später liegt Edward im Sterben, weshalb sich sein Sohn auf die Reise in die Vergangenheit seiner Eltern begibt. Nach und nach lichtet sich das Dickicht der Ausschmückungen und er erkennt, dass es nur eine Frage des Blickwinkels ist, wie man die Realität verarbeitet. „Big Fish“ ist für Burton insofern wichtig, dass er seine Hauptfigur Ed mit den Stilmitteln hantieren lässt, die auch er selbst für seine Filme verwendet. Verfremdungen durch expressionistische Übertreibungen lösen im Zuschauer häufig die gewollten Emotionen aus. So wird ein großer Mensch zum Riesen stilisiert, die siamesischen Zwillinge zum Doppelkopf usw. Unter den fantastischen Elementen schlummert jedoch der bekannte Alltag.

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