„House of the Dragon“ Folge 5: Der Gipfel der Dekadenz

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Corlys Velaryon und Rhaenys Targaryen
Foto: 2022 Home Box Office, Inc. All rights reserved

In der fünften Episode steuert „House of the Dragon“ auf einen vorläufigen Höhepunkt zur Staffelmitte zu. Abschiedsstimmung liegt in der Luft.

Hochzeiten im „Game of Thrones“-Kosmos sind grauenvolle Ereignisse. Das hat sich auch in „House of the Dragon“ nicht geändert. Die Hochzeit von Rhaenyra Targaryen und Laenor Velaryon steht an. Ihre Väter wähnen damit Blutlinie und Macht gesichert. Die Drachen sollen schließlich auch noch die nächsten 100 Jahre herrschen, wie der sichtbar verfallende König Viserys noch bei den Heiratsverhandlungen konstatiert.

Ihre Kinder haben inzwischen eine Abmachung getroffen: Er darf seinen Liebhaber haben, sie darf ihren Liebhaber haben. Man will die eheliche Pflicht erfüllen, Nachkommen zur Welt bringen und ansonsten darf jeder essen, was ihm oder ihr mundet, wie es heißt. Blöd nur, dass die Liebhaber längst untereinander die Schädel einschlagen und anrüchige Geheimnisse aus den vergangenen Folgen nun auch die letzten Familienmitglieder erreicht haben.

Ein Halbzeit-Fazit

Es ist die fünfte Folge von „House of the Dragon“, das bedeutet: Halbzeit in Westeros. „We Light the Way“, diesen sinnbildlichen Titel trägt die Episode. Licht ist längst ins Dunkel gebracht, was sich in dieser Serie wohin bewegt oder was sich gerade nicht bewegt. Der Auftakt dieses neuen HBO-Epos löst weiterhin das ein, was er versprochen hat: eine blutige Edel-Seifenoper für Menschen, die sich gern am Unheil der Mächtigen erfreuen, in denen man sich zugleich selbst zu erkennen glaubt. Erstaunlich wenig hat sich da bisher voranbewegt in all dem Gemauschel und Intrigieren, obwohl ganze Handlungsstränge bereits radikal gekappt, große Schlachten geschlagen und wüste Zeitsprünge vollzogen wurden.

Insofern erweckt Episode 5 zum ersten Mal den Eindruck, dass nun alle Karten auf dem Tisch liegen. Alle Konflikte sind gesät, die beiden Freundinnen, Rhaenyra und Alicent, sind entzweit und werden schon bald um den Thron kämpfen, den der offensichtlich in naher Zukunft sterbende König hinterlässt. Wie es sich für Seifenopern gehört, ist der Spannungsverlauf dieser Erzählung ein einziges Auf und Ab, ein Mäandern durch einzelne Höhepunkte, die sich doch nur in eine gewisse Gleichförmigkeit eingliedern. Im Kern ging es, wie man auch schon nach der ersten Folge wusste, um zwei Frauen, die unter die Räder der patriarchalen Ordnung geraten. Letztere zerstört sich damit zugleich selbst, weil sie sich gegenüber Reformen versperrt. Und sie reißt ein ganzes Reich mit sich, Weltwissen, das verlorengehen wird.

Rhaenyra Targaryen und Alicent Hightower
Foto: 2022 Home Box Office, Inc. All rights reserved

„House of the Dragon“ glänzt weiter mit Einzelmomenten

Nach gut fünf Stunden Serie kann wahrscheinlich man nur aufgeben, hier in absehbarer Zeit noch neue Erkenntnisse erwarten zu wollen. Es geht allein um die Ausgestaltung des Wartens auf den Untergang und die ist, das muss man dieser Episode lassen, vortrefflich gelungen. Allen Bauchschmerzen und Perspektivlosigkeiten zum Trotz, die man im Umgang mit dem royalen Drama entwickeln konnte. Auch wenn es im „House of the Dragon“ so häufig kracht im Gebälk, wenn da durch Plotpunkte gerast wird, die dort etwas zu viel behaupten, große Bedeutung präsentieren wollen, wo rückblickend auch eine Fußnote gereicht hätte. In den konzentrierten Anordnungen, den Verdichtungen, wie sie das rund 20 Minuten lange Hochzeitsfest in dieser Woche wieder einmal kreiert, glänzt die HBO-Serie mit verführerischer Spannung, die in so mancher erzählerischer Unwucht und Zeitplanung bislang vielleicht etwas verloren wirkte.

Nahezu alle handelnden Parteien sind da zum ersten Mal in einem Raum versammelt und es köchelt und brodelt, bis die Suppe überkocht. Claire Kilner hat die Folge inszeniert und besinnt sich noch einmal auf das erzählende Montieren, mit dem die Serie eingestiegen ist: als Vorführen von Dekadenz. Noch einmal soll hemmungslos gefeiert, gefressen und gesoffen werden, um die königliche Hochzeit zu zelebrieren. Einfrierende Gesichter, eingemeißelte Aha-Erlebnisse innerhalb des Ensembles überlagern sich in immer höherem Tempo.

Personalwechsel in der kommenden Woche

Claire Killner spielt eindrucksvoll mit dem Tempo dieser Szenen und Eindrücke, stürzt das Überschaubare, Komprimierte ins Unübersichtliche und Abgründige. Die Ekstase tanzender Körper, die die Folge zeigt, ist von bedrohlichem Unbehagen durchzogen. Am Ende stapeln sich die Speisereste auf den Bänken, Blut tropft und fließt aus Körperöffnungen, ein Kopf ist zertrümmert und der König ist bei der finalen Vermählung schon gar nicht mehr bei Sinnen. Eine Ratte labt sich in dem wunderbar fiesen Schlussbild am vergossenen Blut, das in Pfützen auf dem Boden steht. Im Grunde ist nach dieser Folge alles gesagt, die Party hat sich ausgetanzt, das Fest ist ins Chaotische umgeschlagen, aber findet nicht mehr in den Alltag zurück. Das Sinnlose hat gesiegt und wirft die Schatten von nur noch mehr Gewalt voraus.

Mit dieser Zäsur wird ein neuer Akt im Erzählen eingeläutet und damit dreht sich auch das Personalkarussell weiter. Es ist die letzte Folge der beiden Schauspielerinnen Milly Alcock und Emily Carey, die die jungen Freundinnen-Rivallinen Rhaenyra und Alicent mit Bravour gespielt und charakterlich umrissen haben. In der kommenden Woche übernehmen ihre älteren Versionen Emma D’Arcy und Olivia Cooke. Sie haben charismatische Fußstapfen zu füllen.

Alle Besprechungen zu „House of the Dragon“ im Überblick

„House of the Dragon“ ist seit dem 22. August bei Sky zum Streamen verfügbar. Jeden Montag erscheint eine neue Episode. Weitere Infos zur Ausstrahlung gibt es hier.

Eine Vorschau zur bevorstehenden sechsten Episode gibt es hier:

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2 Kommentare im Forum

  1. Können wir auch inhaltlich über die Folge diskutieren? Ich war extrem enttäuscht. Erste Kritiken auf Westeros. org waren ebenfalls verheerend.
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